Laos ist bergig, das habe ich schon erfahren müssen. Bis jetzt waren es jeden Tag um die 1000 Höhenmeter die zu bewältigen waren, heute ist es das Doppelte. Von Luang Prabang nach Vang Vieng gibt es zwei mögliche Strecken und ich entscheide mich für die kürzere, aber habe mir vorher von anderen Radlern versichern lassen, dass die Straße geteert und in gutem Zustand ist.
Trotzdem, es geht in nur 40 km auf 2000 Meter rauf, das bedeutet die Steigung ist die meiste Zeit über 10 %. Ich fahre früh morgens los, in der Hoffnung bis zur Mittagshitze das meiste geschafft zu haben. Meine Strategie bei solchen Bergen ist folgende: Keine Pause bis zum Gipfel. Jedenfalls keine längere. Denn wenn ich länger als fünf Minuten stehenbleibe werden die Muskeln kalt, und beim Weiterfahren sind die Beine müde und es wird nur noch anstrengender. Ich halte immer nur kurz an um etwas zu trinken oder ein paar Bananen zu essen. Doch solche Steigungen auf Dauer sind schwer zu fahren. Irgendwann ist es auch im kleinsten Gang mühsam zu treten und ich steige ab um ein Stück zu schieben. Natürlich ist das auch anstrengend, aber es werden andere Muskeln belastet und irgendwann mittags erreiche ich den höchsten Punkt auf 2000 Metern höhe und mache dann auch eine längere Pause.
Jeden Meter den ich hochgefahren bin darf ich jetzt wieder runterfahren doch bei einem solchen Gefälle ist es nicht nur ein Vergnügen. Ich muss quasi dauerbremsen um nicht schneller als 60 km/h zu fahren, und die Felgen erhitzen sich dabei so stark dass ich immer wieder anhalten muss um sie mit Wasser zu kühlen. Es zischt und dampft ganz ordentlich sobald ich mein kostbares Trinkwasser über die Reifen schütte.
Am Ende des Tages stehen 91 km auf dem Tacho und 1986 Höhenmeter. Dafür wird’s von jetzt an flacher und am nächsten Tag erreiche ich Vang Vieng. Der Ort selber ist nicht sonderlich spannend, es ist die übliche Ansammlung von Bars, Restaurants, Hotels und Reiseagenturen wie sie in jedem der touristischen Orte zu finden ist. Schön ist wieder die Landschaft, riesige Karstfelsen ragen hervor, es gibt ein paar Höhlen zu besichtigen.
Festival in Vientiane
Weiter geht es nach Vientiane. Ich probiere eigentlich große Städte zu meiden und Hauptstädte sind dies meistens, doch Vientiane hat nur weniger als eine halbe Millionen Einwohner (in ganz Laos sind es 7 Millionen) und soll recht beschaulich und ruhig sein.
Nicht so dieses Wochenende: Die Laoten feiern das Ende der Fastenzeit der Mönche mit einem Fest welches Lhai Heua Fai genannt wird. Am Morgen sind die Tempel voller als gewöhnlich, die Menschen bringen alle möglichen Geschenke und Essensachen.
Abends werden dann kleine Boote aus Bananenblättern mit Kerzen und Räucherstäbchen am Mekong ins Wasser gesetzt. Es geht um die Ehrung des Flusses Mekong und den ihn bewohnenden Geistern. Mekong bedeutet übersetzt „Mutter aller Dinge“ und natürlich ist der Fluss Lebensgrundlage für Millionen von Menschen in Südostasien. Es geht aber auch um die Ehrung der Toten, und die Boote sollen symbolisch alle schlechten Dinge wie Krankheiten und Unglück forttragen.
Es ist eine tiefreligiöse und jahrhunderte alte Tradition welche allerdings durch modernen Kommerz ergänzt wird. Am ganzen Mekongufer sind Verkaufsstände aufgebaut, wo es von Kleidung über neue Kosmetikartikel bis zu Elektrogeräten alles zu erstehen gibt. Jeder Verkaufsstand hat große Lautsprecher und Verkäufer mit Megafonen welche die besten Sonderangebote schreienderweise verbreiten. Es ist ein höllischer Lärm der hier von allen Seiten auf einen einprasselt, doch die tausenden von Laoten, welche sich schrittweise zwischen über die völlig überfüllten Straßen schieben, scheint dies nicht weiter zu stören.
Wieder fällt mir ein Satz aus einem Reiseführer ein: „Die Laoten empfinden Lärm nicht als unangenehm.“ So stört es auch niemanden wenn in einem Dorf morgens um 6 jemand seine Nachbarn mit lauter laotischer Popmusik beschallt, oder sonntags zur Mittagszeit auf einer Baustelle die Kreissägen heulen.
Am nächsten Tag finden Ruderbootrennen (Boun Suang Heua) auf dem Mekong statt. Die Boote sind mit über 50 Ruderern bestückt, die Teams aus weit entfernten Dörfern angereist. Bestaunt und angefeuert von zahlreichen Zuschauern rudern die Teams um die Wette. Es ist ein großes Ereignis und am Abend ist nicht nur viel Wasser den Mekong hinabgeflossen, sondern auch viel Beer Lao die Kehlen der Laoten.
Als nächstes steht der südliche Teil Laos an. Immer am Mekong oder in dessen Nähe geht es die restlichen 800 Kilometer bis zur kambodschanischen Grenze.