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Kambodscha: Wie beinahe mein Fahrrad geklaut wurde

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Dezember 2013

Eine Bootstour auf dem Tonle Sap
Nachdem ich genug von Angkor gesehen habe, entscheide ich mich mit dem Boot über den Tonle Sap See nach Battambang zu fahren. Frühmorgens mache ich mich auf zum Fähranleger, der etwa 20 Kilometer von Siem Reap entfernt ist. Ich bin etwas spät dran, aber als dann die Sonne aufgeht und ich einen Fischer am Straßenrand beobachte, muss ich einfach anhalten und ein paar Fotos schießen – Fähre hin oder her.

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Für dieses Foto musste ich einfach anhalten – und für die folgenden auch


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Ich kriege die Fähre noch so grade – das Rad wird aufs Dach geladen und dann geht es los auf den See. Bäume ragen aus dem Wasser; oft ist die Oberfläche komplett von Wasserpflanzen bedeckt und nur ein schmaler Streifen ist frei, der wie eine Straße durch den See führt.
Der Tonle Sap See ist ein besonderer See: Während der Regenzeit schwillt er durch Rückstaueffekte des Mekongs auf seine 5-fache Größe an und begünstigt dadurch enormes Fischwachstum. Erst gegen Ende der Regenzeit, wenn der See seine Fließrichtung ändert und das Wasser wieder in den Mekong abfließt, ist das Fischen erlaubt. Die Bewohner nutzen verschiedene Methoden um die Fische zu fangen. Sie legen lange Reusen aus, spannen Netze um die Fische in eine Richtung zu lenken und benutzen Wurfnetze um kleinere Fische zu fangen. Innerhalb kurzer Zeit wird so der Fischvorrat für ein ganzes Jahr angelegt und entweder getrocknet oder zu Fischpaste weiterverarbeitet.

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Die Fähre – das Rad liegt auf dem Dach
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Eine Wasserstraße über den See

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Die Menschen hier leben in Häusern die auf Stelzen gebaut sind, der See ist oft nicht sonderlich tief. Anstatt Autos oder Motorräder haben die Leute ein Boot und wer einkaufen oder den Nachbarn besuchen will, setzt sich ins Boot und muss hinüber rudern. Auch die Dorfschule und der Tempel sind nur per Wasser erreichbar.
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Wie beinahe mein Fahrrad geklaut wurde

In Battambang geht es mit dem Rad weiter Richtung Phnom Penh. An einem Abend schlafe ich wieder in einem buddhistischen Tempel, die Mönche geben mir sogar einen Raum mit Bett. Mein Fahrrad steht draußen auf einer Art Terrasse. Ich habe wie gewöhnlich nur das mit in den Raum genommen, was ich für die Nacht brauche und natürlich meinen Pass und Geld. Das Rad ist nicht abgeschlossen. Von den Mönchen wird es sowieso niemand klauen, Diebstahl ist einer der vier Gründe, der zum Ausschluss aus der Mönchsgemeinschaft führt und auch sonst sind die Menschen hier sehr ehrlich und Diebstahl gesellschaftlich stark verpönt, ich mache mir keine Sorgen.

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Ein prächtiger Tempel in der Nähe von Battambang

Als es dunkel ist, versuche ich zu schlafen, doch drinnen ist es sehr heiß und die herumschwirrenden Moskitos nerven mich. Ich entscheide mich dazu, draußen auf der Terrasse mein Innenzelt aufzubauen und schlafe ein. Irgendwann werde ich wach und sehe jemanden mit einer Taschenlampe. Der Lichtkegel streift kurz mein Zelt. Ich denke mir nichts Böses dabei, wahrscheinlich ein Mönch der auf die Toilette geht, und mache die Augen wieder zu. Schon fast wieder eingeschlafen, höre ich ein Geräusch. Ohne zu wissen was es war, bin ich plötzlich hellwach und alarmiert. Ohne nachzudenken und aus Reflex greife ich zur Taschenlampe neben mir, strecke meinen Kopf aus dem Zelt und leuchte herum. Ich sehe noch gerade jemanden im pinken T-Shirt weglaufen. Mein Fahrrad steht neben dem Zelt, aber das Handtuch und andere Sachen, die ich zum Trocknen aufgehängt hatte, sind nicht mehr auf dem Rad, sondern liegen daneben. Mein Herz rast, ich bin verwirrt und erschrocken und rufe etwas. Hat da jemand tatsächlich versucht mein Rad zu klauen?

Ich krieche aus dem Zelt, packe alle meine Taschen ins Zelt und schließe das Rad an ein Geländer, was ich schon lange nicht mehr gemacht habe. Nur meinen Helm und meinen Ersatzreifen lasse ich draußen liegen. Immer noch aufgeregt dauert es eine Weile bis ich wieder einschlafen kann.

Irgendwann wache ich wieder auf. Nicht unbedingt durch ein Geräusch, es ist eher das starke Gefühl, dass ich nicht alleine bin. Ich spüre, jemand ist direkt neben meinem Zelt, sehen kann ich nichts, es ist stockdunkel. Diesmal hält der erste Schreck nur kurz, er macht dem Ärger platz. Schneller als beim ersten Mal greife ich zu meiner Lampe, öffne den Reißverschluss und springe aus dem Zelt. Der Dieb ist tatsächlich wiedergekommen, hat sich meinen Reifen geschnappt und rennt in der Dunkelheit davon. Ich hinterher, nur in Unterhose, die Taschenlampe in der Hand. Ich bin jetzt richtig wütend, schreie irgendwas und renne so schnell ich kann. Der Dieb ebenfalls, meinen Reifen hat er fallen gelassen. Doch sein Vorsprung wird größer und nach ein paar hundert Metern gebe ich auf. Was soll ich auch mit ihm machen. Ihn verprügeln? Festhalten und die Polizei rufen? Außerdem hat er ja nichts geklaut und jemanden des Diebstahls beschuldigen ohne Beweise zu haben, ist in Kambodscha außerordentlich schwierig. Ich kehre um, der Helm und der Reifen wandern jetzt auch ins Zelt und ich versuche noch etwas zu schlafen. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn ich drinnen geschlafen hätte und mein Fahrrad geklaut worden wäre. Von nun an werde ich wohl mein Rad wieder öfters abschließen.

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Ochsenkarren werden immer noch benutzt
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Eine Näherin in ihrer kleinen Werkstatt
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Kinder posieren für ein Foto
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Ein Wasserbüffel genießt ein kühlendes Bad