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Kambodscha: Dengue Fieber in Phnom Penh

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Dezember 2013

Vom krank sein und gesund werden

Natürlich wird man auf einer langen Reise auch mal krank. Der Körper ist ungewohnten Strapazen ausgesetzt, anderen Klimakonditionen und extremen Bedingungen. Das Immunsystem sieht sich mit neuartigen und gefährlichen Erregern und Bakterien konfrontiert und kann diese nicht immer abwehren.

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Überall in Asien warnen Schilder vor den möglichen Folgen von Mokitobissen: Hier in Myanmar

Ich habe hier nicht viel von meinen Krankheiten geschrieben, weder vom Durchfall und Fieber in Bulgarien und Iran noch von der Entzündung mit Eiter im Hals in Pakistan. Nicht von der Lebensmittelvergiftung in Indien wo ich so schwach war dass ich nachts zur Toilette kriechen musste.  Habe nicht die Wurzelbehandlung beim Zahnarzt in Indien erwähnt, nicht das Stechen in der Brust welches mich in Bangladesch vor Schmerzen weinen und schreien ließ während ich verzweifelt den Weg zum nächsten Krankenhaus suchte. Parasiten, Sonnenbrand, verbrannte Fußsohlen, Hautpilz, Muskelverzerrungen, Schürfwunden am Händen und Knien von Stürzen, gebrochene Nase, gebrochener Zeh – all das sei hier nur mal kurz erwähnt.

Ich habe nichts geschrieben von den Situationen die ich alleine meistern musste, weil keiner da war der mir helfen konnte oder wollte. Und nichts von den Momenten wo liebevolle Menschen mich gesund pflegten und alles taten damit ich mich besser fühlte.

Auch wenn sich das jetzt nach einer ganzen Menge anhört – die meiste Zeit bin ich eigentlich gesund.

Doch hier soll es nun um eine der „großen“ Tropenkrankheiten gehen: Dengue Fieber.

Der Anfang:
Ich bin gerade in Phnom Penh angekommen. Es war kein besonders anstrengender Tag und ich fühle mich gut. Ich habe über Warmshowers, dem Übernachtungsnetzwerk für Radler, eine Unterkunft bei einer Engländerin gefunden und kann mein Zelt auf ihrer Dachterrasse aufschlagen. Abends gehen wir mit den anderen Mitbewohnern essen und sitzen danach bei ein paar Bier zusammen. Ich merke plötzlich wie ich Kopfschmerzen bekomme und einen heißen Kopf. Innerhalb von nur einer Stunde bekomme ich hohes Fieber, der Kopf dröhnt und ich fühle mich benommen. Vielleicht war etwas mit dem Essen nicht in Ordnung, doch mein Magen meldet „alles OK“. Und die paar Bier werden es wohl auch nicht gewesen sein.
Ich lege mich ins Zelt um zu schlafen, vielleicht ist morgen früh ja alles wieder vorbei. Doch das Fieber steigt mehr, ich schwitze und friere abwechselnd, mein Kopf tut bei jeder Bewegung weh. Ich schlafe nicht viel diese Nacht und habe wirre Träume. Irgendetwas ist absolut nicht in Ordnung mit mir.

Tag 1:
Mein erster Griff morgens gilt einer Paracetamol Tablette, der zweite meinem Laptop. Die Wohnung meiner Gastgeber liegt direkt unter dem Dach, so habe ich den Luxus des WLAN im Zelt. „Dengue Fieber Symptome“ tippe ich im allwissenden google ein. Denn natürlich habe ich so einen Verdacht, habe schon viele Storys von anderen Reisenden und auch Radlern gehört, und auch über besonders viele Infektionen in dieser Saison.
„plötzlich ansteigendes Fieber, pochende Kopfschmerzen, besonders hinter den Augen und allgemeines Krankheitsgefühl“
Genau die Symptome die ich habe. Auch wenn man so etwas nicht machen sollte, meine Selbstdiagnose lautet Dengue Fieber.
So eine Erkrankung kommt natürlich nie zu einem passenden Zeitpunkt. Doch zum Glück habe ich einen Ort zum bleiben und Leute die sich um mich kümmern können. Zum Unglück muss ich heute ein paar wichtige Sachen erledigen, die ich nicht aufschieben und auch nur persönlich erledigen kann. Ich quäle mich aus dem Zelt, fühle mich schwach, mein Kopf glüht und scheint bei jeder Bewegung der Augen explodieren zu wollen. Es fühlt sich an wie eine ordentliche Grippe, Migräne und Kater, alles auf einmal und zusammen.
Eine kalte Dusche und ein starker Kaffee bringen nicht die erwünschte Wirkung. Das Rad lasse ich besser stehen, der Verkehr in Phnom Penh würde mich deutlich überfordern heute, und so mache ich mich zu Fuß auf den Weg zur Deutschen Botschaft. Dort kann ich meinen neuen Pass abholen, nagelneu und mit 48 noch leeren Seiten. Ich bringe ihn zusammen mit einen Visumsantrag und zwei
Passfotos direkt zur Botschaft von Myanmar, dann geht’s zurück nach Hause. Für heute alles erledigt, ich möchte mich nur noch hinlegen. Ich nehme mir vor morgen zum Arzt zu gehen falls es nicht besser wird. Es gibt sowieso keine spezielle Medizin, außer Paracetamol gegen das Fieber und viel trinken kann man nichts machen.

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Mein Krankenlager auf dem Dach

Tag 2:
Es geht mir so wie gestern. Das Fieber ist immer noch hoch, die Kopfschmerzen immer noch so stark dass ich jede Bewegung vermeide, eine kleine Besserung tritt nur ein nach dem ich alle vier Stunden eine Paracetamol nehme. Doch zwei Dinge sind anders:
1. Ich weiss nun bestimmt dass es Dengue-Fieber ist
2. Ich habe die Krankheit bereits akzeptiert, was der erste wichtige Schritt zur Besserung ist
Ich war gestern doch noch beim Arzt. Einer meiner Gastgeber, ein junger Franzose, kam um nach mir zu schauen und sagte dass sein Vater Arzt sei und seine Praxis direkt um die Ecke. Und er jetzt Zeit hätte mit mir dahinzugehen. Der Arzt machte einen ganz ordentlichen Eindruck und nach Bezahlung von 30 Dollar und einer kurzen Untersuchung schickte er mich zum Bluttest, um den auch von ihm geäußerten Verdacht auf Dengue zu überprüfen. Der Bluttest wurde nicht in der Praxis durchgeführt sondern in einer Privatklinik am anderen Ende der Stadt. Ich wurde in ein Tuk tuk gesetzt, einen Briefumschlag in der Hand und die Fahrt durchs abendliche Phnom Penh ging los. Wie das so ist in einer asiatischen Großstadt herrscht zu fast jeder Tages- und Nachtzeit viel Verkehr, am meisten aber zu Feierabend. Die Straßen sind vollgestopft, nichts geht mehr. Die Menschen fahren in die Kreuzungen hinein, probieren gegen die Verkehrsrichtung zu fahren, die Verkehrspolizisten sind überfordert und die Fahrer hupen. Am besten kommen noch die Motorradfahrer voran, welche sich zwischen den Autos durch und über die Gehwege schlängeln und so fast immer in Bewegung bleiben. Über eine Stunde dauerte die Fahrt, die hupenden Autos, die stinkenden Abgase, das Geruckel auf den schlechten Straßen: Ich frage mich ernsthaft wie der Arzt mir das in meinem Zustand zumuten konnte.
An der Klinik angekommen gab ich den Umschlag ab und füllte ein Formular mit meinen Daten aus. Ich wurde in den „Emergency-Raum“ geführt, auf ein Bett gelegt, bekam Blutdruck gemessen und einen Pulsmesser an den Finger geklemmt. Eine Schwester in weißem Kittel kam und wollte mir einen Zugang legen und eine Flasche anhängen mit Paracetamol-lösung. Ich sagte das ich zum Blut abnehmen hier sei, und erst mal gar nichts in meinem Arm haben wollte. Ein Arzt kam und versicherte mir ich bräuchte mir keine Sorgen machen, alles würde gut. Eine andere Schwester kam mit einem Zettel zum unterschreiben. Ich würde mich bereit erklären 50 Dollar Arztkosten direkt zu bezahlen, sowie der Klinik das Recht einräumen direkt mit meiner Versicherung abzurechnen, da ich ein stationärer Patient sei. Es kam mir vor wie in einem Traum, oder war es das Fieber? Ich unterschrieb nicht und bat darum mir doch endlich Blut abzunehmen damit ich wieder gehen kann. Sobald die Ergebnisse da wären würde ich dann mit dem französischen Arzt telefonieren, so war es abgemacht.
Endlich wurde mir Blut abgenommen, doch die Ärzte bestanden darauf dass ich eine Stunde blieb bis die Ergebnisse vorlagen. Sie wollten mich dabehalten wenn es Dengue Fieber sei. Ich hielt das für unnötig, denn laut meinem Wissen ist Dengue Fieber nur in 1-2 % der Fälle gefährlich, nämlich wenn es zu einem Fieberschock oder Blutungen kommt. Und von diesen schweren Verlaufsformen endet wiederum nur 1 % tödlich, und das sind zu einem Großteil Kleinkinder. Ich sah mich also nicht so gefährdet und fühlte mich auch nicht so schlecht dass ich in einem Krankenhausbett besser aufgehoben gewesen wäre als in meinem Zelt. Ich hatte eher das Gefühl dass es ums Geld ging. So eine Nacht im Krankenhaus wird mehrere hundert Dollar kosten, und die Konkurrenz ist groß hier. In der ganzen Stadt gibt es Privatkliniken und Apotheken unterschiedlichen Standards. Nach einer Stunde war das Ergebnis da, Dengue positiv. Ich zahlte 96 Dollar für den Bluttest, verließ die Klinik und suchte mir einen Motorradfahrer der mich zurück nach Hause brachte. Das hätte ich mir auch echt sparen können denke ich mir. Nicht nur die 126 Dollar, welche ein durchschnittlicher Kambodschaner niemals aufbringen könnte für medizinische Behandlung, zumindest nicht für einen einfachen Bluttest, und vor allem den ganzen Stress den ich hatte.

Obwohl es erst der zweite Tag ist, fällt es mir leicht die Krankheit zu akzeptieren. Ich habe gestern alles erledigt, muss sowieso mindestens 4 Tage auf mein Visum warten, und auch falls ich 10 Tage brauche um mich zu erholen habe ich noch genug Zeit das Land auf dem Rad zu verlassen oder könnte auch das Visum verlängern.
Außerdem kann ich die Zeit nutzen um mit dem Computer zu arbeiten, mein Buch weiter zu lesen, Filme zu gucken oder endlich mal rechtzeitig meine Blog-Artikel zu schreiben. Vorausgesetzt in den nächsten Tagen geht es mir besser, denn heute ist an irgendwelche Aktivitäten nicht zu denken. Ich verbringe den Tag mit schlafen und dösen auf dem Dach.

Der Bluttest ist positiv. Viel mehr als Paracetamol gegen das Fieber nehmen und abwarten kann man aber nicht machen.
Der Bluttest ist positiv. Viel mehr als Paracetamol gegen das Fieber nehmen und abwarten kann man aber nicht machen.

Tag 3:
Es geht mir besser morgens. Nicht gut, aber besser. Die Kopfschmerzen sind nicht mehr so stark, dafür tut mein ganzer Körper weh. Knochenbrecher Fieber wird Dengue auch genannt, jetzt weiß ich warum. Die Gelenke, die Knochen, das ganze Skelett tut einfach weh. Fieber habe ich auch noch aber nicht mehr so stark. Ich entschließe mich zum Frühstücken rauszugehen und fahre einen Kilometer mit dem Rad. Ein typisches Frühstück hier ist eine Portion weißer Reis mit kleingeschnittenem Schweinefleisch und Omelett mit süßer Soße. Dazu grüner Tee. Es tut gut was Richtiges zu essen. Ich fahre zurück und merke dass ich von diesen 2 Kilometern radeln schon müde und angestrengt bin. Aber ich habe ja den ganzen Tag Zeit mich auszuruhen. Die Leute aus der WG schauen immer mal wieder vorbei und fragen ob ich irgendetwas brauche, ob die mir etwas aus der Stadt mitbringen sollen.

Tag 4:

Es geht mir deutlich besser. Das Fieber ist kaum mehr zu spüren, keine Kopfschmerzen mehr und mir wird so langsam langweilig auf meiner Dachterrasse. Ich nehme morgens nochmal eine Paracetamol, es wird die letzte sein.
Tag 5:

Ich fühle mich gut. Noch ein wenig schwach und müde, aber das ist auch alles. Abends haben die zwei Amerikaner die auch hier wohnen ein paar Freunde eingeladen und kochen. Es gibt hier in Phnom Penh einen deutschen Metzger wo die beiden Sauerkraut aufgetrieben haben und so gibt es Bratwürstchen mit Kartoffelpüree und Sauerkraut, ein Festmahl.
Tag 6:

Ich erledige meine aufgeschobenen Sachen in Phnom Penh, kaufe mir einen MP3-Player und klapper die Fahrradläden nach guten Bremsklötzen und einem neuen Tretlager ab. Abends packe ich meine Sachen, morgen soll es weiter gehen.
Tag 7:
Ich sitze wieder auf dem Rad und verlasse Phnom Penh. 95 Kilometer radel ich heute. Abends fühle ich dann doch meine Muskeln und Knochen, aber bin eigentlich wieder fit.
Im Großen und Ganzen habe ich das Dengue-Fieber also ganz gut und schnell überstanden. Ich habe auch von Leuten gehört, die zehn Tage richtig krank waren und ein paar Kilo abgenommen haben und bin froh dass es bei mir nicht so war. Jetzt hoffe ich dass ich es nicht ein zweites Mal bekomme, denn dann ist die Wahrscheinlichkeit eines stärkeren und gefährlicheren Verlaufes deutlich höher.

Noch ein paar Bilder aus Phnom Penh:

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Der Verkehr kann schonmal ganz schön chaotisch sein
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Auf dem Central Market
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Auf dem Central Market
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Auf dem Central Market
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Auf dem Central Market

Ein Gedanke zu „Kambodscha: Dengue Fieber in Phnom Penh

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