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Myanmar: Unterwegs nach Yangon

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(Fotos markiert mit * sind von Anselm)

Januar 2014

Unterwegs nach Yangon

Mittags machen Anselm und ich an einer der vielen goldenen Pagoden halt. Diese stehen überall im Land, manche gelten als Aufbewahrungsort eines Zahns oder Haar des Buddhas und gelten als besonders heilig.

Ein Eisverkäufer zeigt uns, wo wir unsere Räder parken können und bedeutet uns, dass er darauf aufpasst.

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Kinder spielen vor der Pagode

Vor der Pagode verkaufen Frauen Blumen, Räucherstäbchen und Snacks. Die Burmesen sind sehr freundlich, überall lächeln uns die Menschen zu, Schulmädchen fangen schüchtern an zu kichern wenn sie uns sehen. Lachend fragt mich eine Frau ob ich sie nicht heiraten will und mit nach Deutschland nehmen kann. Ich antworte, dass sie erst mal mit mir mit dem Fahrrad mitkommen müsste, was für lautes Gelächter sorgt.

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Diese Frau träumt von einem Leben in Deutschland, nicht aber vom fahrrad fahren
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Betel-Nuss Verkäufer

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Zelten im Dorf

Abends probieren wir auf einem Feld neben einem Dorf zu zelten. Schnell sind wir von Menschen umringt, die uns und unsere Räder neugierig bestaunen. Lachen fliegt durch die Luft, es wird viel geredet und die Stimmung erreicht den Höhepunkt als ich anfange Kartoffeln zu kochen.

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Das halbe Dorf bestaunt die beiden komischen Radler. *

Jeder Handgriff wird genau verfolgt und kommentiert, natürlich auf burmesisch, Anselm und Ich verstehen kein Wort. Ich reiche den Rosmarin herum, die Frauen rümpfen die Nase bei diesem unbekannten Gewürz und bedeuten mir, ich solle lieber mehr Salz in die Kartoffeln tun. Nur einer der Männer traut sich, das fertige Essen, Rosmarinkartoffeln mit angebranntem Spiegeleiern, zu probieren. Wohl auch eher nur aus Höflichkeit.

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Ich fühle mich wie ein Showkoch im Fernsehen. *

Das Interesse lässt nicht nach und es ist schwer zu essen wenn 30 Augenpaare auf einen gerichtet sind. Anselm probiert den Menschen klarzumachen dass wir etwas Privatsphäre brauchen, die Menge weicht ein paar Meter zurück. Hundert Meter weiter diskutiert eine Gruppe Männer, schließlich kommen sie zu uns herüber. Ein Junge wurde als Sprecher ausgewählt, und sagt, der Dorfrat habe beschlossen wir dürften hier bleiben. Zumindest schließen wir das aus den Gesten die er macht, viel Englisch spricht er nämlich auch nicht.

Doch in einem Land wie Myanmar hat die Polizei das letzte Wort. Sie kommt in der Dunkelheit, der zuständige Offizier von der Immigrationspolizei ist ein junger Bursche, seine grüne Uniform ist nagelneu, er hat sie wohl extra für diesen Zweck angezogen. Begleitet wird er von mindestens fünf weiteren Männern mit Lederjacken und Taschenlampen und natürlich den neugierigen Dorfbewohnern die sich im Hintergrund halten. Der Offizier spricht kein Wort Englisch, ist völlig überfordert mit der Situation und seine braunen Augen huschen ängstlich hin und her. Seine Schneidezähne stehen hervor und er schaut aus, als ob er jeden Moment anfangen würde zu weinen. Er tut mir direkt leid, und das ist natürlich keine gute Ausgangsposition für eine Diskussion in der man seinen Standpunkt verteidigen möchte. So diskutieren wir auch nicht lange herum und packen diesmal relativ schnell unsere Sachen zusammen, nachdem unsere Passdaten zum wiederholten Male in ein kleines schwarzes Büchlein abgeschrieben und per Satellitentelefon an eine unbekannte Stelle durchgegeben worden sind. Wir hatten schon erwartet dass es so kommen würde. Wir müssen bei der Zeltplatzsuche vorsichtiger werden damit uns nicht so viele Menschen sehen.

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Szenen vom Dorf-Camping Abenteuer. *

An der Straße wartet schon ein Pritschenwagen auf uns. Er soll uns und unsere Räder zum nächsten Hotel bringen. Sogar bezahlen wollen sie es für uns. Wir lehnen dankend ab und radeln in die Dunkelheit davon.

Die Nacht verbringen wir doch noch im Zelt, nahe der Straße in einer halb zerfallenen Holzhütte.

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Straßenbau

Am nächsten Morgen geht es nach einem Kaffee unausgeschlafen weiter Richtung Yangon. Auf der Hauptstraße ist viel Verkehr, die Autos überholen relativ dicht. In Myanmar wird auf der rechten Seite gefahren, die meisten Autos haben aber das Lenkrad trotzdem auf der Rechten Seite, was beim überholen zu gefährlichen Situationen führt. Zudem ist die Straße zwar asphaltiert, aber nicht gerade eben, sondern eher hubbelig.

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Eine neue Straße wird gebaut. *

Viele der Hauptverkehrsstraßen Myanmars wurden in den neunziger Jahren gebaut, als die Junta beschloss die Infrastruktur zu erneuern. Tausende Dorfbewohner wurden zur Arbeit gezwungen und auch Gefängnisinsaßen wurden im Straßenbau eingesetzt. Heute übernehmen diese Aufgabe hauptsächlich Frauen und Kinder. Die Straßen werden in kurzen Abschnitten von hundert Metern gebaut und Maschinen kommen kaum zum Einsatz. Immerhin wird der benötigte Schotter meistens von Maschinen hergestellt und nur selten sieht man Steineklopper auf ihrem riesigen Steinhaufen sitzen und Steine klein schlagen. Das ist in Indien und Bangladesch noch anders, wo es Menschen gibt die den ganzen Tag nichts anderes machen als mit einem riesigen Hammer aus großen Steinen kleine zu machen, bis auf Kieselsteingröße.

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Das meiste wird von Hand gemacht. *

Die Steine werden in Myanmar also angeliefert, doch der Rest ist Handarbeit. Stein für Stein wird von den Frauen zurecht gelegt und dann die Lücken mit Sand gefüllt. Der Teer wird in Fässern neben der Straße heiß gemacht, anschließend mit Eimern zum Einsatzort getragen und über die Steine gekippt. Zum Schluss fährt dann doch eine Maschine drüber, eine Walze. Fertig. Dass so eine Straße nicht lange hält ist klar: Ein paar schwere LKW, schon ist das erste Schlagloch geboren, der Monsunregen macht dann den Rest. Nach kurzer Zeit ist die Straße in ihrem Urzustand, steinig und holprig, der Asphalt ist weggespült.

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Teer wird neben der Straße gekocht.

Manchmal habe ich in Myanmar das Gefühl der Straßenbau ist zwecklos. Es scheint, sobald ein neues Stück fertiggestellt ist, ist ein anderes Stück wieder stark erneuerungsbedürftig und das Land wird nie über ein gutes Straßennetz verfügen.

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Ein Trupp Arbeiterinnen auf einem LKW. *

Yangon

Auf solchen Straßen erreichen wir also Yangon, das Zentrum des Landes aber nicht mehr die Hauptstadt. Das Zentrum der Macht liegt nun in Naypyidaw, einer eigens hierfür errichteten Stadt im Landesinneren, voll von mächtigen Bauten, neuen Hotels und menschenleeren breiten Straßen.

In Yangon sind Zweiräder verboten, wir fahren aber einfach an dem Kontrollposten vorbei. Einzelne Fahrräder sieht man in der Stadt, jedoch kein einziges Motorrad. Das macht das Radeln angenehm. Der Raum,der sonst im Rest von Asien von den unzähligen Motorrollern im Verkehr eingenommen wird, bleibt hier ganz für uns.

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Auch ohne Motorroller sind die Straßen gut gefüllt. Im Hintergrund die Sule Pagode.

Yangon ist, wie jede große Stadt, voll von Gegensätzen: Es gibt moderne Supermärkte und Cafés mit Wifi und an der Straßenecke hängen die Jugendlichen in schicken Klamotten herum, hören die neusten Pop-Hits auf ihren Smartphones.

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Straßenszene

Am Hafen dagegen wird die Ladung der Schiffe von einem Heer von Trägern gelöscht, welche in Plastiksandalen und schwitzend Kiste für Kiste den Landungssteg hoch schleppen und auf LKW verladen. Bezahlt wird pro transportiertem Stück, jeder Träger bekommt ein Holzstäbchen pro getragener Kiste. Hat er zehn zusammen kann er die zehn Stäbchen gegen ein anderes in einer anderen Farbe umtauschen, damit seine Hand nicht so voll wird. Am Ende des Tages bekommt er seinen Lohn an der Anzahl der Stäbchen gemessen.

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Warten auf Arbeit
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Am Hafen

Im Büro- und Verwaltungsviertel sieht man Menschen mit schicken Hemden und lederner Aktentasche, doch anstatt einer Anzughose tragen sie den traditionellen Lungi, eine Art Wickelrock, und Ledersandalen. An einem Tisch unter einem Sonnenschirm sitzt ein Mann, nichts außer einer alten Schreibmaschine vor sich. Er bietet seine Dienste als Schreiber an, für formelle Schreiben und für Leute die nicht schreiben können.

Shwedagon Pagode

Ich treffe in Yangon Aaron wieder, einen australischen Radler welchen ich schon in Siem Reap, Kambodscha getroffen habe. Zusammen wollen wir zur Shwedagon Pagode, dem heiligsten Heiligtum der Burmesen. Schon von weitem ist diese riesige goldene Stupa zu sehen, sie thront über der Stadt. Am Eingang werden wir angehalten, 15 Dollar Eintritt – natürlich nur für Ausländer. Das ist etwas zu viel für uns und außerdem geht das Geld wahrscheinlich direkt an die Regierung. Wir kehren um und probieren einen der anderen Eingänge. Am letzten haben wir Glück und können unbemerkt hinein schlüpfen. Beeindruckend erhebt sich die Pagode in den Himmel, verkleidet mit kiloweise Gold und einer großen Anzahl Diamanten an der Spitze. Wir reihen uns in den Strom der lokalen Besucher ein und umrunden die Pagode zu Fuß. Mönche sitzen entspannt im Schneidersitz, Menschen bringen Gaben zu kleineren Altaren und zünden Räucherstäbchen an. Es ist eine gelassene, ruhige Atmosphäre und wir beobachten aus einer ruhigen Ecke eine ganze Weile den Strom der Menschen der an uns vorbeizieht.

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Zur Geschichte der Pagode sei nur eins gesagt: Der Legende nach ist sie nicht auf nur einem Haar des Buddhas errichtet, sondern gleich auf acht. Das erklärt natürlich ihre Popularität unter den Burmesen, und wenn wir im weiteren Verlauf unserer Reise Menschen berichten werden, dass wir die Shwedagon Paya besucht haben, bekommen viele glänzende Augen. Denn selber einmal dort zu sein ist der Traum vieler Burmesen.

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