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Myanmar: Pilgerfahrt zum goldenen Felsen

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Januar 2014

Der goldene Felsen ist eine der heiligsten Pilgerstätten in Myanmar. Es handelt sich um einen runden Felsen welcher auf einer Klippe liegt und so aussieht, als ob er jeden Moment den Berg hinunter rollen würde. Die Legende besagt, ein Eremit bekam von Buddha persönlich ein Haar geschenkt, welches er dem König brachte und ihn beauftrage einen Schrein für das heilige Haar zu errichten. Der Schrein sollte ein Felsen in Form des Kopfes des Eremiten sein. Der König suchte einen solchen Felsen auf dem Meeresgrund. Glücklicherweise hatte er übernatürliche Kräfte, da er Sohn eines Magiers und einer Seedrachen-Prinzessin war. Als er einen passenden Felsen gefunden hatte brachte er ihn in einem Boot auf den Berg und balancierte ihn mit dem Haar des Buddhas aus.

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Nicht der berühmte goldene Felsen sondern nur ein Nachahmer am Straßenrand

Auch Anselm und Ich wollen diesem besonderen Ort einen Besuch abstatten und machen uns auf dem Weg in die Stadt Kyaiktyio, was soviel wie „Pagode auf dem Kopf eines Eremiten“ bedeutet.


15 Kilometer vor der Stadt wird der Verkehr plötzlich dichter und kommt schließlich ganz zum erliegen. Wir vermuten einen Unfall oder eine blockierte Straße und schlängeln uns zwischen den Autos hindurch. Vollbesetzte Busse und Autos warten geduldig dass es weiter geht, nur Motorrädern gelingt es an den Autos vorbeizukommen. Nach ein paar Kilometern ändert sich das Bild: Leere Busse stehen halb im Straßengraben, Menschen verlassen ihre Autos und laufen zu Fuß weiter, manche haben große Bündel bei sich. Uns dämmert es, diese Leute wollen alle zum goldenen Felsen. Heute ist der Tag der Unabhängigkeit, ein Feiertag in Myanmar, und anscheinend nutzen viele Leute diesen freien Tag um zum Heiligtum zu pilgern.

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Auf der Straße geht nichts mehr; die Burmesen haben nicht sonderlich viel Disziplin im Straßenverkehr und fahren in jede sich ergebende Lücke hinein. Das führt dazu dass teilweise auf beiden Fahrspuren sich Autos frontal gegenüberstehen und kein Platz zum Wenden vorhanden ist. Selbst für die Motorräder wird es eng, und viele weichen auf Trampelpfade neben der Straße aus.

Schließlich erreichen wir den Ort am Fuße des Berges, tausende von Menschen füllen die Straße, die Läden und Restaurants machen das Geschäft des Jahres. Eine steile Piste führt den Berg hinauf, und nachdem uns mehrere Leute davon abraten mit dem Rad zu fahren, parken wir die Räder in einem Hotel und nehmen wie die anderen Pilger einen LKW.

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Dies ist das einzige Transportmittel zum goldenen Felsen, die Straße ist so steil dass sie nur von diesen starken LKW befahren werden kann. Aus Betonplatten zusammengesetzt führt sie in scharfen und unglaublich steilen Kurven den Berg hinauf, nur für den Zweck gebaut um Pilger zu dem Heiligtum zu bringen. Im Minutentakt fahren diese LKW von einer Art Station ab, vollgepackt mit Menschen. Zum Glück sind nur 50 Leute pro LKW erlaubt, es wird an einer anderen Station von Polizisten nachgezählt, doch trotzdem ist es sehr eng auf der Ladefläche, bis zu sechs Menschen sitzen in einer Reihe auf Holzbänken.

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In wahnsinniger Geschwindigkeit geht es den Berg hinauf. Der Fahrer nimmt die Kurven so schnell, dass ich mehrmals das Gefühl habe, der LKW müsste jetzt eigentlich umkippen, Leute kreischen und klammern sich an den Metallstangen fest. Nach einer halben Stunde der Endpunkt erreicht und noch während die Menschen den LKW verlassen, versuchen schon andere Pilger sich einen Platz zu sichern um wieder nach unten zu kommen.

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Es geht zu Fuß weiter, immer der Menge hinterher, die sich in Richtung goldener Felsen schiebt. Essens- und Wasserverkäufer am Straßenrand versuchen ein Geschäft zu machen und je näher wir dem goldenen Felsen kommen um so dichter wird das Gedränge und um so ausgelassener die Stimmung. Musik dröhnt aus Lautsprechern, Menschen zünden Räucherstäbchen an und fallen auf die Knie, das Gesicht in Richtung Felsen gewandt. Eine Frau zitiert buddhistische Verse aus einem Buch, während ihr Tränen übers Gesicht laufen. Am Felsen selber ist das Gedränge am größten, Gläubige kleben Blattgold auf den Felsen und berühren ihn voller Ehrfurcht.

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Mit den eigentlichen Lehren Buddhas hat diese Verehrung and Anbetung nicht mehr viel zu tun, und ich glaube Buddha würde sich im Grabe umdrehen, oder besser gesagt aus dem Nirvana springen, wenn er das hier sehen könnte.

Wir schieben uns weiter durch die Menge, nur ein kleiner Weg ist frei da viele der Pilger hier übernachten. Sie haben Essen mitgebracht und ihre Wolldecken als Schutz gegen die Sonne aufgespannt. Doch in der Nacht wird es kalt werden, hier auf 1000 Metern Höhe im Januar.

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Zurück geht es wieder mit einem LKW, die Abfahrt scheint noch gefährlicher als der Hinweg. In rasendem Tempo geht es den Berg hinab und durch die Kurven, doch die Burmesen lachen und kreischen wenn der LKW über einen Hupel fährt und jeder ein paar Zentimeter abhebt. Nun ja, sie haben ja auch gerade viel für ihr gutes Karma getan und glauben an die Wiedergeburt, vielleicht haben sie deswegen keine Angst.

Sicher unten angekommen ist es schon dunkel geworden. Wir holen unsere Räder ab und machen uns auf den Weg aus der Stadt. Die Straße ist noch genauso blockiert wie vorher, Menschen und Motorräder wuseln zwischen den Autos hindurch. Nach ein paar Kilometern schlagen wir uns in eine Kautschukplantage, und bauen im Dunkeln unsere Zelte auf.

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