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Indonesien: Die Pelni-Erfahrung

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September 2014

Pelayaran Nasional Indonesia ist der Name der großen nationalen Schifffahrtsgesellschaft, welche ca. 30 Schiffe im Betrieb hat und das Inselreich über diverse Routen verbindet. Die Schiffe sind oft wochenlang unterwegs, Abfahrtszeiten variieren und niemand scheint eine Übersicht über alle Routen zu haben. Ich konnte immerhin herausfinden dass es alle zwei Wochen ein Schiff von Ende in Flores nach Kupang in Timor gibt und mir zwei Tage vor Abfahrt ein Ticket für die Economy Class sichern.

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Riesig ist die KM Awu, das Schiff welches mich nach Timor bringen soll. Ruhig und majestätisch liegt es im Hafen von Ende, hell erleuchtet von unzähligen Lampen. Alles andere als ruhig geht es auf dem Pier vor dem Schiff zu. Über die schmale Gangway schiebt sich ein nicht endender Strom von Menschen in beide Richtungen. Große Säcke und Koffer werden über den Köpfen balanciert, es herrscht ein richtiges Gedränge. Wie soll ich da nur mit meinem vollbeladenen Rad durchkommen?

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Manchmal vermisse ich die Disziplin der Europäer. Die würden jetzt brav eine Reihe bilden und geduldig warten. Doch hier ist es etwas anders. Ich warte also nur so lange bis das Chaos auf der Gangway etwas nachzulassen scheint und dränge nach vorne. Laut klingelnd und rufend mache ich klar dass jetzt ich dran bin, dass ich vorhabe, nun die schmale Brücke zu verstopfen bis ich mit meinem Rad im Bauch des Schiffes verschwunden bin. Unbeeindruckt davon drängeln die Menschen weiter, ich drängel einfach mit und schaffe es irgendwie aufs Schiff.

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Hier sieht es nicht viel besser aus als vor dem Schiff. Menschen und Gepäck überall. Doch ein freundlicher Matrose nimmt sich meiner an und dirigiert mich in eine der großen Kabinen wo ich einen Platz für mein Fahrrad finde. Die Liegen sind alle längst belegt und hier drinnen ist die Luft sowieso sehr stickig. Ich nehme nur das nötigste von meinem Rad mit: Meine Isomatte, eine Decke und eine Tasche mit den Sachen bei denen es ärgerlich wäre wenn sie abhanden kommen würden: Passport, Kreditkarte, Kamera, Computer und meine Festplatte mit allen Fotos und Videos. Manchmal stört es mich dass diese Dinge immer noch so wichtig für mich sind.

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Ich suche mir einen Schlafplatz auf dem Deck, draußen, was sich leichter anhört als es ist. Überall sind Decken ausgebreitet, manchmal nur ein Stück Pappe, und Menschen liegen überall. Manche von ihnen sind bereits ein paar Tage auf dem Schiff, welches oft wochenlang ohne Pause seine feste Route fährt.

Schließlich finde ich doch noch ein freies Plätzchen und knüpfe schnell Kontakt zu meinen Nachbarn. Es sind hauptsächlich Studenten aus Flores, welche in Kupang zur Universität gehen und zu Hause ihre Familien besucht haben.

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Mittlerweile ist es Mitternacht, die KM Awu, Baujahr 1991 in einer deutschen Werft, hat abgelegt und schaukelt der nächsten Insel, Sumba, entgegen. Ich strecke mich auf meiner Isomatte aus, lausche dem rauschen der Wellen und blicke in den sternklaren Himmel. Es ist immer noch warm und schwül auch wenn der Fahrtwind etwas Kühlung verschafft.

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Als ich aufwache ist es schon hell. Das Schiff ist gerade dabei an einem Hafen anzulegen. Trotz der frühen Stunde, es ist gerade mal 6 Uhr, warten auf dem Bootsanleger Taxifahrer und Essensverkäufer auf Kundschaft. Viele Menschen drängen sich an der Reling auch wenn es eigentlich gar nichts zu gucken gibt. Hier auf Sumba steigen nur wenige Menschen ein oder aus, und nach einem kurzen Aufenthalt geht es schon weiter.

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Die Schiffe der Pelni Linie sind eigentlich als Kreuzfahrtschiffe vorgesehen, aber für den Massentransport umgebaut. 1000 Passagiere sollen hier Platz finden, in Wirklichkeit dürften es einige mehr sein. Es gibt einen Fernsehraum, eine luxuriöse Bar und verschiedene kleine Kioske wo Snacks und heiße Getränke verkauft werden. Doch im Fahrpreis sind sogar Mahlzeiten inbegriffen: Um neun Uhr ertönt ein Gong und eine Durchsage, es ist Zeit fürs Frühstück. Tief im Innern des Schiffes ist die Kantine und hier bilden die Menschen ausnahmsweise mal eine Schlange und warten geduldig. Auf dem Ticket wird vermerkt wer schon eine Mahlzeit bekommen hat und dann gibt es für jeden eine Styroporschachtel mit Essen.

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Es ist eine dürftige Mahlzeit: Etwas Reis, ein kleines Stück Fisch und ein Klecks Currysoße. Dazu etwas Wasser. Doch die Menschen auf dem Schiff sind schon vertraut mit diesen Portionen und haben vorgesorgt: Es scheint dass die Hälfte ihres Gepäcks aus Essen besteht. Ständig sehe ich Leute irgendwelche Snacks essen und oft wird mir etwas angeboten, kein Grund zur Sorge also.

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Ich vertreibe mir die Zeit mit Schiffsrundgängen und werde schnell in Gespräche verwickelt und gebeten doch ein paar Fotos zu machen oder werde mit dem Handy fotografiert.

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Gegen Abend, nach 24 Stunden Fahrt, nähert sich das Boot dann dem Hafen von Kupang. Schon Stunden vor der Ankunft werden manche Menschen ungeduldig und umklammern ihre Taschen.Alle drängen sich vor den Ausgängen zusammen. Dann ist es soweit, die KM Awu hat ihr Ziel erreicht und Menschen drängeln von Bord. Ich warte geduldig ab und verneine jedes Angebot der Gepäckträger mein Fahrrad zu tragen. Ein paar Kinder helfen mir dann doch, nicht für Geld sondern eher aus Stolz dem weißen Reisenden helfen zu können. Für mich endet diese Reise hier, die KM Awu wird nach vierstündigen Aufenthalt weiter auf ihrer Route durch die indonesische See fahren.

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