Alle ArtikelAustralien

Australien: Von Adelaide nach Melbourne

de-grey

gb

Mai 2015

Der Schatz am Ende des Regenbogens

Es ist der dritte Jahrestag meiner Reise als ich im Mai 2015 Adelaide verlasse. Der Sommer ist vorbei, braune Blätter wirbeln durch die Straßen und die Temperaturen sind deutlich gesunken in den letzten Tagen. Mein Rad ist vollbeladen, ich habe nun auch meine warmen Sachen dabei und einen guten Schlafsack.

adl-melb17

Es dauert nicht lange bis der erste Regenschauer kommt. Ausgerechnet als ich mich die Steigungen des Mount Lofty hocharbeite fängt es an zu schütten und ich bin völlig durchnässt. Ich merke meine Beine schon müde werden, in den letzten Wochen bin ich nicht sehr viel Rad gefahren und auch aufs dehnen habe ich heute verzichtet. Erinnerungen an meinen ersten Tag dieser Reise kommen zurück. Auch damals hatte es geregnet, ich war nicht sonderlich gut trainiert und hatte mit den Steigungen im bergigen Sauerland zu kämpfen. Doch trotz dieser Schwierigkeiten (oder genau wegen diesen), damals wie heute ist in mir dieser Wille, diese innere Kraft die mich antreibt. Die mich davon abhält einfach aufzugeben, den Berg wieder runter zu fahren, zurück nach Adelaide, oder ein Auto anzuhalten. Und ich weiss natürlich auch genau, dass nach Regen wieder Sonnenschein kommt und dass es nach jedem bergauf auch wieder irgendwann bergab geht.

adl-melb02 adl-melb03 adl-melb04 adl-melb05 adl-melb06

Das Wetter ist launisch, mal lacht die Sonne zwischen den Wolken, mal fällt der Regen aus dunklen Wolken. Fast täglich sehe ich einen Regenbogen, sich oft über den ganzen Himmel erstreckend. Noch nie zuvor habe ich so viele Regenbögen gesehen wie hier und ich bestaune die Farbenwunder jedes mal aufs neue.

adl-melb16

Melbourne ist mein nächstes Ziel und die 1000 km von Adelaide bis dorthin sind überschaubar. Keine größeren Städte, dafür viele der kleinen australischen Siedlungen welche nur aus ein paar Häusern, einem Pub, Supermarkt und Tankstelle bestehen. Und aus erschaffenen Touristenattraktionen. Historische Gebäude (150 Jahre alt), kleine Parkanlagen und mittelmäßige Kunstwerke sollen die durchfahrenden Touristen anlocken, zum verweilen und letztendlich zum Geld ausgeben bringen.

adl-melb19

adl-melb18 adl-melb13adl-melb07 adl-melb08

Abends suche ich mir Zeltplätze auf Kuhwiesen, in Tannenwäldern und eine Nacht schlafe ich in einem alten sheering shed, einer Scheune wo Schafe geschoren werden. Ich hatte an einem Haus nach einem Schlafplatz gefragt da alle Weiden neben der Straße abgezäunt waren und ich keinen Platz für mein sowieso nasses Zelt finden konnte. Der Farmer war sehr hilfsbereit und sogar Strom und heißes Wasser hatte ich. In der Nacht regnet es in Strömen und ich bin froh über meinen trockenen Schlafplatz.

adl-melb21

Am nächsten morgen regnet es immer noch doch trotzdem fahre ich weiter. Den Grampians Nationalpark habe ich schon von meiner Liste gestrichen und eigentlich möchte ich nur noch so schnell wie möglich zur berühmten Great Ocean Road und dann nach Melbourne. Es ist nicht nur das Wetter – Kälte, Wind und Regen – was das radeln und das draußen leben anstrengend macht. Irgendwie ist es auch einfach nicht so spannend wie in Asien, wo jeden Tag unerwartete Dinge geschehen und Begegnungen und Gespräche fester Bestandteil eines jeden Tages sind. Auf der anderen Seite gibt es auch nicht die Einsamkeit und Herausforderungen die ich im Outback hatte.

adl-melb20

Hier herrscht deutlich mehr Verkehr, doch das einzige Auto was in den zwei Wochen anhält ist ein Polizeiauto und ich werde verwarnt doch meinen Helm zu tragen.

Die Great Ocean Road ist schön. Spektakuläre Klippen und versteckte Strände säumen die Küste und eine Nacht zelte ich mit zwei anderen Radlern am Strand. Am nächsten morgen strahlt die Sonne auf die Felsen im Meer – ein grandioser Anblick.

adl-melb09 adl-melb10

An den touristischen Spots sind die Parkplätze voll von Touribussen und stündlich werden tausende Fotos von der geduldigen Landschaft geknipst bevor es für die Touristen zurück ins Auto und zum nächsten view point geht.

adl-melb14 adl-melb22 adl-melb11 adl-melb12

Nach zwei anstrengenden Wochen erreiche ich Melbourne. Über einen Highway radel ich in die Stadt hinein, einen Zettel mit einer Skizze und einer Adresse in meiner Tasche. Froh einen Schlafplatz zu haben und keine Ahnung was mich erwartet trete ich in die Pedale. Noch weiß ich nicht dass ich mit dem Haus und den Menschen an meinem Ziel einen Schatz am Ende eines Regenbogens gefunden habe.

adl-melb15