Alle ArtikelNepal

Von kaputten Reifen, geschlossenen Grenzen und verstopften Großstädten

Click here to read the article in english

Nepal/Thailand – Juli/August 2013

Nach dem Annapurna Trek radelte ich von Pokhara die 220 km nach Katmandu zurück. Nach der Hälfte der Strecke merkte ich, irgendwas stimmt mit dem Hinterrad nicht. Ein kurzer Blick zeigte mir, der Mantel war direkt an der Felge aufgeplatzt, der Schlauch guckte heraus. Einfache Fahrradläden gibt es in Nepal zwar in jedem Dorf, doch einen passenden Mountainbike-reifen findet man wohl nur in Pokhara oder Katmandu, und ich war genau in der Mitte. Ich musste eine Lösung finden, einen Bus zu nehmen kam für mich nicht in Frage. Also entlud ich mein Rad am Straßenrand und nähte unter den Augen einiger neugieriger Zuschauer den Mantel mit Nadel und Zahnseide. Die provisorische Reparatur hielt erstaunlich gut, bis nach weiteren 50 km der Reifen an einer anderen Stelle aufplatzte. Ich wiederholte die ganze Prozedur, und kam gerade so bis nach Katmandu zum Fahrradladen. Nach gut 16000 km war der Reifen wohl einfach hinüber: Er hat gute Dienste geleistet, nur drei Mal hatte ich auf der gesamten Strecke einen Platten gehabt und musste flicken.

Auf dieser Reise habe ich gelernt zu improvisieren
Auf dieser Reise habe ich gelernt zu improvisieren

Leider ist es nahezu unmöglich, den indischen Subkontinent auf dem Landweg zu verlassen. Die Grenzen mit China und Myanmar sind geschlossen, eine (legale) Überquerung für Ausländer nicht möglich. Für die Autonome Region Tibet bekommt man als Alleinreisender, und erst recht nicht als Fahrradfahrer, keine Genehmigung. Auch der Weg durch Pakistan ist versperrt, bekommt man ein Visum doch nur im Heimatland, und außerdem war ich ja aus der Richtung gekommen.

Blau: Traumroute Rot: genommene Route
Blau: Traumroute
Rot: genommene Route

Also buchte ich einen Flug von Katmandu nach Bangkok. Das Fahrrad sei kein Problem, und auch für mein vieles Gepäck müsste ich nichts extra bezahlen, versicherten mir die freundlichen Leute von Nepal Airlines. Einen Tag vor Abflug bekam ich einen Anruf von der Fluggesellschaft, der Flug sei leider gecancelt worden, ich könne aber am selben Tag mit Thai Airways fliegen. Leider konnte mir keiner sagen ob mein Rad transportiert werden würde, und wie ich es zu verpacken hätte. Das sicherste ist eigentlich immer ein Karton, da können die Fluggesellschaften nicht meckern, aber wo sollte ich den herbekommen, und wie zum Flughafen transportieren?
Ich entschloss mich einfach zum Flughafen zu radeln, kaufte unterwegs für 150 Rupien (1,5 Dollar) Plastikfolie, wickelte nur das Schaltwerk und den Lenker damit ein und schob das Rad zum Check In. Die Verpackung war soweit in Ordnung, nur hatte ich 50 kg Gepäck (Fahrrad 20kg, Taschen 30 kg). Erlaubt waren 20 kg, und ich musste 5000 Rupien (50 Dollar) für Übergepäck bezahlen.

Gut verpackt geht es zum Check In
Gut verpackt geht es zum Check In

Ein wenig traurig stieg ich in den Flieger, ich wäre die Strecke lieber geradelt, auch wenn es einige Wochen gedauert hätte, anstatt im Flugzeug zu sitzen und nach nur 3 Stunden in einer völlig anderen Welt auszusteigen.
Das Rad und Ich kamen unbeschädigt in Bangkok an und vom Flughafen ging es über mehrspurige Schnellstraßen und riesige Autobahnkreuze der Wolkenkratzerkulisse entgegen. Der Verkehr war wahnsinnig schnell und die Autos rasten nur so an mir vorbei, doch sie ließen genügend Abstand oder wechselten sogar die Spur falls möglich.

Bangkok ist eine moderne Metropole
Bangkok ist eine moderne Metropole

Verkehrstechnisch war Bangkok eine deutliche Umgewöhnung: Während es in Katmandu keine Regeln gab außer „möglichst viel hupen/klingeln“ und „möglichst wenig Abstand lassen“ gibt es in Bangkok deutlich mehr. An den Ampeln, die alle funktionieren, muss bei Rot gewartet werden, Abbiegen ohne Blinker/Handzeichen gibt es nicht, und die Autos halten genug Abstand ein, so dass Motorrad/Radfahrer zwischen den Spuren fahren können, falls der Verkehr zum erliegen kommt. Bangkok Innenstadt ist eigentlich immer verstopft. Doch die Autofahrer warten geduldig in ihren klimatisierten Autos, und kein einziges Hupen ist zu hören, auch wenn es für 10 Minuten nicht weitergeht.

Am ersten Tag besuchte ich als erstes einen der vielen Radläden, wo es so ziemlich alles gibt, was auch in Europa zu bekommen ist. Als der Händler den Verschleiß meiner Kette mit einer Schieblehre maß, schaute er mich mit großen Augen an, und als ich ihm erklärte, die Kette habe nun 10000 km runter, schüttelte er nur den Kopf. Ich bekam 10 Prozent Rabatt auf alles, und kaufte dringend benötigte Ersatzteile, um mein Rad für die nächsten paar tausend Kilometer fit zu machen.

Die Ritzel müssen dringend ersetz werden
Die Ritzel müssen dringend ersetz werden

Bangkok ist eine moderne Metropole mit geschätzten 10 Millionen Einwohnern. Riesige Shopping Malls, Wolkenkratzer, U-Bahn und Skytrain und gigantischen Verkehrs- und Personenaufkommen. Dagegen ist Katmandu mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern ein Dorf.
Ich besuchte einen Tag den Wat Po Tempel, zusammen mit hunderten anderen Touristen, ansonsten hielt mich in dieser Stadt nicht viel und ich machte mich mit dem Rad auf den Weg nach Norden.

Lumphini Park mitten in der Stadt
Lumphini Park mitten in der Stadt
Angenehme Temperaturen herrschen hier
Angenehme Temperaturen herrschen hier
Wat Po Tempel
Wat Po Tempel