Alle ArtikelMyanmar

Myanmar: Fledermauskacke und heiße Nudeln

de-grey

gb

02. Januar 2014

Gestern haben wir zwei belgische Radler getroffen, Johann und Ils, die auf Klapprädern und mit wenig Gepäck unterwegs sind. Das macht die beiden sehr flexibel und gibt ihnen die Möglichkeit ihr Rad samt Gepäck in einen Bus, Zug oder auch ein kleines Auto zu verladen, um so größere Distanzen schnell zurücklegen. Einen Tag lang radelten wir zusammen.

scsmall3
Johann auf seinem Klapprad und Anselm

Am Abend übernachteten wir vier in einem buddhistischen Tempel und nach dem Frühstück, gesponsert von den Mönchen, trennen sich unsere Wege. Die beiden wollen nach Mawlamyin, Anselm und ich jedoch Richtung Yangon. Doch wir sind nur kurz alleine unterwegs: Nach wenigen Kilometern kommt uns ein holländisches Pärchen auf Rädern entgegen und wir tauschen Informationen über Strecken und Straßenzustände aus. Während wir am Straßenrand stehen kommt eine Gruppe burmesischer Radler vorbei und fragt ob wir Hilfe brauchen. Sie sind aus Yangon und unterwegs zu einer bekannten Höhle ganz in der Nähe. Spontan schließen wir uns an, auch ein Australier, Gary, radelt mit der Gruppe, und später an der Höhle treffen wir noch einen Neuseeländer mit Fahrrad. Ich kann mich nicht erinnern wann ich das letzte mal 6 Fahrradreisende an einem Tag getroffen habe.

scsmall11
Gruppenfoto vor dem Eingang zur Höhle

Myanmar ist ein buddhistisches Land und die Menschen sehr religiös. Gefühlt gibt es mehr Tempel als in Thailand, auf jeder Bergkuppe stehen goldene Pagoden und die Religion ist tief im täglichen Leben verankert. Heiligtümer gibt es überall.

Wir erreichen die Saddar-Höhle, parken die Räder und ziehen unsere Schuhe aus, wie es in jedem Tempel und Heiligtum angebracht ist. Eine Treppe führt in eine riesige Höhle. Die Wände sind verziert mit Malereien und Buddhastatuen, ein riesiger liegender Buddha ruht im Inneren. Auf einem spärlich beleuchtetem Weg geht es tief in die Höhle hinein. Der Boden ist feucht und klebrig, schnell wird mir klar, es ist haufenweise Fledermauskacke die die dafür verantwortlich ist und überall den Boden bedeckt. Über uns fliegen im Schein der Taschenlampen riesige Fledermausschwärme.

scsmall4
Buddhastatuen säumen den Weg ins Innere

scsmall5

Eigentlich ist die Höhle keine Höhle sondern ein Tunnel. Der Tunnel führt durch den Berg und endet an einem kleinen See. Von dort kann man mit einem Boot wieder an den Eingang zurückfahren, nein, nicht um den Berg herum, sondern durch einen anderen, sehr niedrigen, Tunnel. Für die kleinen Asiaten kein Problem, Anselm und ich ziehen aber vorsichtshalber die Köpfe ein. Es geht durch Reisfelder zurück an den Eingang wo unsere Räder und Schuhe stehen.

scsmall7
Keine Höhle sondern ein Tunnel

scsmall6

scsmall8
Zurück gehts mit dem Boot
scsmall9
Kopf einziehen ist notwendig für große Leute
scsmall10
Es geht zurück durch Reisfelder

Ich bin beeindruckt von der Schönheit dieses Ortes, doch es ist erst Mittag und die burmesischen Radler wollen uns noch mehr zeigen. Über kleine holprige Feldwege geht es erst zu einem Wasserfall wo wir uns abkühlen, dann durch eine Schlucht hindurch wo an einer Bergflanke tausende von Buddhastatuen stehen. Schließlich erreichen wir einen besonderen Tempel, Kyauk Kalap. Mitten in einem See ragt eine Felsspitze auf, auf welcher kunstvoll eine Pagode gebaut wurde. Eine der Besonderheiten dieses Tempels ist die kostenlose Essensverteilung jeden Nachmittag. In einer Gebetshalle wird Reis und Curry aus riesigen Töpfen serviert und alle hungrigen Radler essen soviel sie können.

scsmall12

scsmall13
Kyauk Kalap Pagode,kunstvoll errichtet auf einem Felsen

scsmall14

Es ist Zeit sich von unseren neuen Freunden zu verabschieden. Zwei von ihnen ziehen sich spontan ihre durchgeschwitzten Radlertrikots aus und schenken sie uns als Geste der Freundschaft. Es sind Trikots des burmesischen Rennradler-Teams der „Südostasien-Spiele 2013“, welche einen Monat vorher in Myanmar stattgefunden haben.Leider war das burmesische Team nicht sehr erfolgreich, doch wir freuen uns natürliche trotzdem über dieses nette Geschenk.

Dann beginnen wir nach einem Schlafplatz Ausschau zu halten. Es ist schon dunkel als wir unser Zelt, versteckt hinter einer kleinen Tribüne, auf einem Fußballplatz direkt neben der Straße aufbauen. Wir liegen im Zelt und schlafen schon, als ein Mann mit einer Taschenlampe kommt. Nach ein paar Minuten verschwindet er wieder, doch wir haben Sorge dass kurze Zeit später die Polizei kommen wird und uns verjagt. Zelten ist in Myanmar nicht erlaubt und früher am Abend wurde uns verboten in einem Tempel zu übernachten, stattdessen müssen ausländische Besucher in bestimmten lizenzierten Hotels schlafen. Und tatsächlich, 20 Minuten später sehen wir wieder eine Taschenlampe und jemand ruft nach uns. Doch diesmal ist es glücklicherweise nicht die Polizei sondern der selbe Mann, er hat eine Portion heiße Nudeln mitgebracht und eine Flasche Wasser.

scsmal-15
Eine weitere Nacht wild zelten

Ich habe ja schon viel Gastfreundschaft erlebt auf meiner Reise aber manchmal fällt es mir immer noch schwer es wirklich zu verstehen: Da sieht jemand mitten in der Nacht ein Zelt und zwei Fahrräder und denkt sich, „Ach die Leute können bestimmt etwas zu Essen gebrauchen“, läuft nach Hause, kocht Nudeln, läuft zurück und bringt diesen Radlern etwas zu essen. Ohne eine Gegenleistung zu wollen, ja noch nicht mal ein Gespräch ist möglich, der Mann spricht kein Wort Englisch und unser Burmesisch ist noch sehr limitiert.

Am Tag vorher hatte sich etwas ähnliches abgespielt: Ein Mann auf einem Motorrad tauchte neben mir auf, drückte mir mit den Worten „Welcome to Myanmar“ eine Tüte mit Reis und Fisch in die Hand, lächelte und fuhr davon.

Diese Freundlichkeit und Herzlichkeit ist typisch für die Menschen in Myanmar und wir werden sie im weiteren Verlauf der Reise noch oft erleben.