August 2014
Bali wird von vielen Menschen als Paradies bezeichnet – allerdings waren diese Leute meistens auch noch nicht in anderen Teilen Indonesiens. Für mich ist diese Touristeninsel eher weniger spannend und ich entscheide mich für eine Route entlang der Nordküste um dem Party- und Massentourismus im Süden zu entgehen.
Ein paar Kilometer nach dem Hafen biege ich von der Hauptstraße ab und lasse allen Verkehr hinter mir. Ich kann es kaum glauben als für eine halbe Stunde kein Auto kommt. Die letzten Wochen auf Java sind ohne jede Pause Autos und LKW an mir vorbeigerauscht, nie hatte ich eine ruhige Minute, und jetzt plötzlich bin ich ganz alleine. Nur ein paar Affen hocken am Straßenrand.
Auf Bali sind die meisten Menschen Hindus. Es ist das letzte Überbleibsel des großen hinduistischen Majapahit Königreiches. Bevor sich Anfang des 15. Jahrhunderts der Islam ausbreitete, war in ganz Indonesien Hinduismus die gängige Religion. Heute findet man auf Sumatra oder auch auf Java die Ruinen von Hindutempeln und manchmal sogar noch kleine Gemeinschaften von Hindus.
Auf Bali haben die Menschen bis heute dem Islam getrotzt und schnell stelle ich ein paar Unterschiede fest:Viele Frauen tragen kurze Hosen und T-Shirt und in den Restaurants wird Babi, Schweinefleisch serviert. Alkohol gibt es überall zu kaufen, was natürlich auch mit der Nachfrage der Touristen zusammen hängt. Wenn die Menschen es sich leisten können haben sie einen eigenen kleinen Tempel neben dem Haus, um morgens Puja zu halten, ansonsten gibt es überall größere Tempel nach hinduistischer Bauart. Es gibt auf Bali etwa 20.000 Tempel und jede Familie gehört einem bestimmten Tempel an, wo regelmäßig Zeremonien abgehalten werden. Die Religion ist tief im Leben verwurzelt und für einen außenstehenden oft gar nicht begreifbar. Es gibt so viele verschiedene Gottheiten und Geschichten, dazu kommen noch die alten, animalistischen Bräuche, welche sich über die Jahrhunderte mit den hinduistischen Traditionen gemischt haben.
Auch hier auf Nordbali ist der Einfluss des Massentourismus zu spüren. In den einfachen Straßenrestaurants, Warungs genannt, wird häufig doppelt so viel wie der übliche Preis verlangt. Viele Ladenbesitzer sind es gewohnt dass ein bule, ein Weißer, jeden genannten Preis zahlt, solange es noch billiger ist als in seinem Heimatland. Da hilft mir nur mein Indonesisch weiter um den Preis für Essen und für ein Hotelzimmer wenigstens etwas zu drücken.
Abends am Strand unterhalte ich mich mit dem Sicherheitsmann vom benachbarten Luxusressort. Er wird dafür bezahlt, die Nacht am Strand zu verbringen und ein paar Rundgänge zu machen. Gefährlich ist es hier nicht sagt er, nur tagsüber muss er die Frauen, welche am Strand versuchen Tücher und Stoffe an die Hotelbesucher zu verkaufen, daran hindern das Hotelgrundstück zu betreten. Nach ein paar Minuten Gespräch fragt er mich ob ich ein ticket to the moon, ein Ausdruck für Drogen, bräuchte oder ein junges „echt balinesisches“ Mädchen. Ich lehne dankend ab. Früher war der Sicherheitsmann Reisbauer, doch seine Felder hat er an ausländische Investoren verkauft und muss nun anderweitig Geld verdienen.
Jährlich kommen bis zu vier Millionen Touristen nach Bali. Dies verändert nicht nur die Kultur und Traditionen der Balinesen, sondern die dafür benötigte Infrastruktur schädigt auch massiv das Ökosystem der Insel. Im Süden ist das Grundwasser bereits versalzen, die letzten Mangrovenwälder drohen einem neuen Hotelprojekt zum Opfer zu fallen und die Abfallberge werden immer größer.
Ich radel schnell zum Hafen an der Ostküste Balis. Mehrmals täglich fahren die Fährschiffe von hier zur Nachbarinsel Lombok und zurück. Heute ist der Seegang etwas wild und das Schiff schaukelt ganz schön.Plötzlich ein lautes Poltern welches durch das ganze Schiff dringt, kurz darauf stoppt der Motor. Viele Indonesier sind nicht so seefest und haben schon fleißig ihren Mageninhalt in Plastiktüten entleert. Nun geraten ein paar Menschen in Panik und fangen an sich Rettungswesten anzuziehen. Auch die Crewmitglieder sind ratlos, bleiben aber ruhig. Nach ein paar Minuten ist klar was passiert ist. Einer der LKW war nicht gut genug gesichert und ist wegen des Wellengangs umgekippt, bzw. auf den nächsten LKW gefallen.
7 Stunden dauert die Überfahrt. Gelegentlich sind Delfine zu beobachten und kleine fliegende Fische, welche vor dem Boot aus dem Wasser schnellen und mehrere Meter weit segeln.
Lombok empfinde ich direkt angenehmer als Bali. Ich verbringe ein paar Tage in der Hauptstadt Mataram um mein Visum zu verlängern. Diesmal ist es noch bürokratischer als die letzten Male, da bei der dritten Verlängerung noch eine Behörde mehr ihr „OK“ geben muss. Während auf Bali die Menschen eher von ihren Reisfeldern bzw. dem Tourismus leben, spielt hier auf Lombok der Fischfang eine wichtige Rolle. Am Strand sind die Fischerboote aufgereiht, Fische flicken ihre Netze, Frauen konservieren den Fang.
Mit neuem Visum, fünf Wochen bleiben mir noch in Indonesien, mache ich mich auf an der Nordküste entlang. Es herrscht kaum Verkehr und die Straße führt oft spektakulär an der Küste entlang. Dies ist ein radeln dass Spaß macht, welches ich genießen kann, und in den kommenden Wochen soll es noch besser werden.