August 2014
Es riecht nach Kaffee. Und nach frittierten Snacks. Schnell kann ich einordnen aus welcher Hütte der Geruch herkommt und ich schiebe mein Rad die letzten Meter über die staubige Straße. Kinder spielen Fangen und kommen jetzt angelaufen um den komischen Besuch zu bestaunen. Eine Gruppe von Frauen ist damit beschäftigt Kaffee zu rösten doch meine Aufmerksamkeit gilt nun vielmehr einer Schüssel voller Reis.
Mein Magen knurrt schon eine ganze Weile. Seitdem vor ein paar Minuten die ersten Hütten zwischen den Bäumen aufgetaucht waren halte ich Ausschau nach einer Essensbude. Oder wenigstens einem kleinen Geschäft. „Bisa makan nasi di sini?“ („Kann ich hier etwas Reis bekommen?“) frage ich einer der Frauen. „Bisa, Bisa“ (Es ist möglich) rufen gleich mehrere und lachen. Schnell wird ein Plastikstuhl geholt und mir ein Teller voll Reis und etwas grünem Gemüse gereicht. Der Reis und die zwei Bananen die es im Bauarbeitercamp zum Frühstück gab haben nicht lange gehalten. Die letzten Stunden waren anstrengend.
Während ich gierig den Reis mit meiner rechten Hand in den Mund Schaufel, klären mich die Frauen auf, dass sie hier eine Hochzeit vorbereiten. Und dazu gehört es einen speziellen Kaffee zuzubereiten. Die Bohnen werden zusammen mit Kokosnuss- und Ingwerstücken geröstet. Damit sie nicht anbrennen werden Reiskörner als Röstmittel verwendet. Noch bevor ich zu Ende gegessen habe steht eine dampfende Tasse vor mir. Kaffee wird hier schwarz mit viel Zucker getrunken und dieser hier ist besonders köstlich. Deutlich besser als als der Instantkaffee den man sonst meistens bekommt und der Ingwer gibt dem Kaffee ein ganz besonderes Aroma. Schon längst haben die Frauen mich über meine Familie und natürlich auch meinen Familienstand ausgefragt und sie sind alle eindeutig der Meinung es wäre auch für mich Zeit zu heiraten. Schnell deuten Finger aus allen Richtungen auf die unverheirateten Mädchen, Gelächter von den älteren und schüchternes Gekicher von den jüngeren. Zeit zu gehen entscheide ich, doch erst muss ich noch für einige Fotos herhalten. Ich ziehe ein paar Scheine aus meiner Tasche und deute an für den Reis und den Kaffee bezahlen zu wollen, doch es ist eher eine Geste. Hier wird niemand das Geld akzeptieren, es ist schließlich kein Restaurant und die Leute hatten vermutlich mehr Spaß an meinem Besuch als ich und nun Gesprächsstoff für die nächsten Tage.
Die Menschen auf Sumbawa haben keinerlei Berührungsängste und sind sehr offen. Das habe ich schon gestern gemerkt als ich abends mitten im Dschungel von Bauarbeitern in ihr Camp eingeladen worden war. Einen Tag vorher war ich von dem bekannten Surferstrand bei Maluk, einer der wenigen Orte der hier Touristen anzieht, aufgebrochen, um eine Strecke zu fahren die auf einer meiner Karten eingezeichnet war und auf der anderen nicht. 100 km bis nach Lunyuk, das kann ja nicht so schlimm werden.
Frühmorgens bin ich losgefahren, die Straße ist asphaltiert und windet sich durch den Dschungel. Ich sah mich schon abends in Lunyuk wo ich mir nach den letzten Nächten im Zelt mal wieder ein Hotel gönnen wollte. Doch dann ist es plötzlich vorbei mit der guten Straße, es ist nur noch eine Piste, aber trotzdem noch gut fahrbar. Bis irgendwann die Berge steiler und höher werden. Immer öfters muss ich absteigen und schieben. Das hört sich leichter an als es ist, weil ein 50 kg Rad eine schlechte Piste mit einer Steigung um die 15 % hochzuschieben ist ein echter Kraftakt. Meine Schuhe finden keinen Halt auf dem Geröll und alle paar Meter muss ich Pause machen um wieder zu Atem zu kommen. Es kommt vor dass ich für eine Strecke von etwa 200 Metern fast eine halbe Stunde brauche. Dann geht es wieder bergab zur Küste runter und zu meiner rechten sehe ich eine lange Schneise durch den Dschungel und zwei dicke Rohre. Es ist eine Pipeline der Batu Hijau Gold- und Kupfermine, welche hier ein riesiges Loch in den Urwald gefressen hat.
Durch die Pipeline werden die Abfälle der Mine ins Meer gepumpt und sollen dort auf 3000 Meter auf den Meeresgrund herab sinken.
Plötzlich ist die Straße wieder geteert und in gutem Zustand, allerdings nur für ein paar Kilometer. Der einzige Verkehr sind ein paar Lastwagen, an manchen Straßenabschnitten wird gebaut. Am Abend habe ich gerade mal 50 km geschafft und über 1000 Höhenmeter erklommen. Ich habe nicht soviel Lust alleine mitten im Dschungel zu zelten und hoffe noch ein Dorf zu erreichen. Es dämmert schon als ich an dem Bauarbeitercamp ankomme. Es ist das Hauptquartier der Straßenarbeiter die hier den Weg frei machen für die Asphaltmaschinen. Freundlich werde ich begrüßt und kann mein Zelt aufschlagen.
Es sind mal wieder diese Begegnungen mit Menschen welche die Anstrengungen auf dem Fahrrad lohnend machen. Diese Herzlichkeit und Offenheit mit der ich überall begrüßt werde sind immer wieder aufs neue beeindruckend für mich.
Sumbawa hat noch mehr zu bieten als Dschungelpisten. Das innere der Insel ist sehr bergig, doch diesmal ist die Straße gut. An der Nordküste ist es viel trockener als im Süden, Landwirtschaft ist kaum möglich. Dafür haben viele Menschen Kühe und Pferde, die sie in den weitläufigen Tälern frei grasen lassen. Ich fahre weiter nach Osten, die nächste Insel, Flores, wartet schon auf mich. Dort möchte ich ein Schiff nach Timor nehmen, es fährt nur alle zwei Wochen und ich sollte es nicht verpassen.