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Abenteuer Australien – Teil 2

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Abenteuer Australien

Mit dem Fahrrad einmal quer durch

Oktober – Dezember 2014australia_part2_small17

Teil 2

Während der letzten Monate habe ich mir oft vorgestellt wie es sein würde in Australien. Besonders als ich auf den verkehrsreichen und lauten Straßen auf Java in Indonesien um jeden Zentimeter für mich und mein Rad kämpfen musste, habe ich geträumt vom outback, von unendlichen Weiten und von Freiheit.

 

Jetzt bin ich hier und habe die Straße ganz für mich allein. Die Landschaft breitet sich flach wie eine große Scheibe in alle Richtungen um mich herum aus – so weit ich blicken kann. Hoch über mir steht die Sonne und dazwischen kreisen Adler und sehen den einsamen Radler, ein kleiner Punkt auf einer langen geraden Linie, sich stetig bewegend. Tritt für Tritt trete ich die Pedale,die Kette überträgt die Kraft, die Räder rollen.

Jeder der schon mal eine Sportart mit repetitiven Bewegungsabläufen gemacht hat weiss um die kraftgebende Wirkung. Ich meine nicht die physikalische Kraft die wir aufwenden müssen um unseren Körper zu bewegen oder die Energie die unser Körper verbraucht. Ich spreche hier von der inneren Kraft, der Lebensenergie die wir damit in uns erwecken. Nach einem langen Tag auf dem Rad bin ich zwar körperlich müde aber spüre diese tiefe innere Befriedigung, diese Lebendigkeit in mir.

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Hier im australischen outback ist dieser Effekt stark. An vielen Tagen fühle ich ein großes Maß an Zufriedenheit und Sorglosigkeit, auch nehme ich meine Umgebung viel intensiver wahr. Besonders morgens und abends, im weichen und warmen Licht der Sonne erstrahlt die Welt in fast schon einer magischen Art und Weise.

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Frei wie nur selten zuvor fühle ich mich auf dem Rad, doch gerade hier im outback ist diese Freiheit begrenzt. Ich kann zwar mitten auf der Straße fahren, lauthals singen und überall zelten und pinkeln, doch wenn ich nicht verdursten will sollte ich tunlichst 100 km jeden Tag radeln um an Wasser zu kommen.

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Im Northern Territory gibt es zum Glück relativ häufig Parkplätze mit einem Wassertank. Es ist entweder Regenwasser, meistens aber Wasser aus einem bore. Schilder warnen zwar vor möglicher Kontamination, ich habe aber nie Probleme. Meistens ist der Geschmack auch einigermaßen in Ordnung, nur ein oder zwei mal schmeckt es komisch und dann verwende ich es lieber nur zum kochen.

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Manchmal übernachte ich auf diesen rest areas, Rastplätze, und aus Bequemlichkeit schlafe ich auf einem der Tische. So brauche ich mein Zelt nicht aufbauen und bin aber trotzdem zumindest vor Schlangen sicher. Nicht so sehr vor Ameisen, Käfern und anderen Krabbeltieren welche schon mal unter meine Decke kriechen – doch sie sind meistens harmlos.

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Von einer Schlange gebissen zu werden möchte ich auf jeden Fall vermeiden. Ich hätte hier keine Chance auf rechtzeitige Hilfe, besonders die brown snake gilt als aggressiv und gefährlich. Doch das Risiko ist nicht besonders hoch, die einzige Schlange die ich zu sehen bekomme ist schon tot und plattgefahren.

Ohne Wasser

Am letzten Roadhouse vor Alice Springs – es sind nur noch 250 km – möchte ich meine Wasserkanister auffüllen. Es ist schon dunkel doch ich möchte noch ein paar Stunden fahren. Draußen gibt es keinen Wasserhahn also gehe ich hinein und frage freundlich nach. Das junge Mädchen hinter der Bar sagt es sei ihr verboten Wasser herauszugeben, Anweisung vom Chef. Also frage ich nach dem Chef und wiederhole meine Bitte nach Wasser. Ich erkläre dass ich mit dem Fahrrad unterwegs bin und auch ziemlich Durst habe. Am letzen Roadhouse war das bore water so salzig dass selbst ich es für ungenießbar hielt. Nur weil einer der Aborigines dort mir eine Flasche Wasser schenkte (welche er extra gekauft hatte) hatte ich es überhaupt bis hierhin geschafft.

Wieder wird mir Wasser verweigert. Nur um es klar zu stellen, ich frage hier nicht nach Flaschenwasser oder gesammeltem Regenwasser, sondern nach dem ganz normalen Wasser welches hier aus dem Wasserhahn kommt.

Die Frau sagt ich müsste das teure Flaschenwasser kaufen oder die Campingplatzgebühren bezahlen um den Wasserhahn im Caravan Park zu benutzen. Sie sagt weiter, wer so einem Trip plane müsse auch das Geld haben Trinkwasser zu kaufen. Sie würde nicht einsehen warum sie jemandem von ihrem Wasser abgeben sollte, sie würde ja auch dafür arbeiten müssen.

Ich bin total perplex und weiß gar nicht wie ich reagieren soll. So etwas ist mir noch nie passiert. Egal in welchem Land, egal wen ich nach Wasser gefragt habe, ich habe immer etwas bekommen. Und nun hier im australischen outback, in der Wüste wo Wasser so lebenswichtig ist wird es mir verwehrt. Weil diese Frau irgendein Problem hat welches ich nicht verstehe. Verwirrt und erschrocken verlasse ich das Roadhouse. Es ist nicht so sehr der Umstand dass ich nun kein Wasser habe der mich erschreckt, sondern vielmehr die Tatsache dass diese Frau mir nicht helfen will. Es würde sie wenn überhaupt nur ein paar Cent kosten meine Kanister zu füllen. Weniger Wasser als eine Klospülung und dafür berechnet sie ihren Gästen ja auch nichts.

Ich überdenke meine Optionen: Das überteuerte Flaschenwasser zu kaufen scheidet für mich aus. Ich hätte das Geld aber aus Prinzip kaufe ich kein Wasser, erst recht nicht zu diesen Preisen. Ich finde Wasser sollte frei und kostenlos sein für jeden, überall.

Ich könnte Autofahrer fragen oder mich auf den Campingplatz schleichen und den Wasserhahn benutzen.

Doch zum Glück gibt es noch ein anderes Gebäude ein paar hundert Meter weiter. Es ist ein kleines Geschäft und der Besitzer schüttelt nur den Kopf und seufzt als ich ihm von der Frau im roadhouse erzähle. Natürlich kann ich hier meine Flaschen auffüllen und radel weiter in die Nacht hinein.

John McDouall Stuart

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Es ist nicht mehr weit bis nach Alice Springs und neben der Straße steht ein Monument für den Entdecker John McDouall Stuart. Es erinnert an die abenteuerliche Expedition dieses Mannes welcher im Jahre 1862 als erster weißer Australien von Süden nach Norden durchquerte. Damals gab es noch keinen Highway, noch nicht einmal einen Weg gab es. Mr Stuart schaffte es dann auch erst beim dritten Versuch und er brauchte neun Monate für die Strecke von Adelaide nach Darwin. Nur mit ein paar Kameraden und Pferden wagte er dieses große Abenteuer. Das Monument markiert zugleich die geographische Mitte Australiens, zumindest in der Nord-Süd-Ausdehnung. Von hier ist es genausoweit zur Küste im Süden wie zur Küste im Norden. Die Hälfte habe ich (theoretisch) geschafft.

Alice Springs – Die Wüstenstadt

Alice Springs ist die einzige richtige Stadt zwischen den Küsten und hat 28.605 Einwohner. Ein Fluss führt durch die Stadt doch die allermeiste Zeit im Jahr ist er staubtrocken. Es ist eigentlich eine ganz normale Stadt mit einer Fussgängerzone, Supermärkten, Schulen und Menschen. Doch die Realisierung dass im Umkreis von 1000 Kilometern keine ähnlich große Stadt existiert macht es für mich besonders.

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Wieder einmal ist ein Supermarkt der erste Anziehungspunkt für mich. Meine Vorräte sind komplett aufgebraucht, meine letzte Portion Reis hatte ich am morgen gekocht und gegessen. Als nächstes besorge ich mir eine Karte von Südaustralien. Verfahren kann ich mich eigentlich nicht, es gibt ja nur die eine Straße, aber die Karte gibt mir einen guten Überblick über die Entfernungen und die Orte wo es Wasser gibt. Schließlich bestimmt das Wasser wie weit ich jede Tag fahren muss.

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Ich überlege kurz mich nach einem Job umzuhören doch dann entscheide ich mich, erstmal nach Adelaide zu fahren bevor es noch heißer wird. Irgendwie habe ich es auch bis hierhin geschafft und meine Reis und Haferflocken Diät ist recht kostengünstig. Es kommt aber anders: Auf der Straße spricht mich eine Frau zielstrebig an: “Bist du ein Backpacker? Brauchst du einen Job?” “Warum nicht? Aber das kommt auf den Job drauf an” antworte ich.

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Am nächsten morgen stehe ich mit Farbeimer und Pinsel in der Hand in einer großen Halle. Das ganze Gebäude muss renoviert werden da es verkauft werden soll. Trevor ist schon ein paar Wochen dabei es auf Vordermann zu bringen und hatte dabei Hilfe von Marie. Doch die ist krank und Trevor braucht Ersatz für die nächsten Tage. Ich kann hinter der Halle schlafen, eine Küche und Badezimmer gibt es auch. Trevor und ich arbeiten hart, 10 Stunden am Tag, die Zeit drängt. Das arbeiten in der Hitze ist bei weitem nicht so anstrengend wie das fahrrad fahren, es ist quasi Erholung für mich. Nach fünf Tagen habe ich nicht nur genug Geld verdient um es bis nach Adelaide zu schaffen, sondern auch einen neuen Freund gewonnen. Trevor wird mir noch in Adelaide helfen.

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