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Abenteuer Australien – Teil 4

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Abenteuer Australien

Mit dem Fahrrad einmal quer durch

Oktober – November 2014

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Heiß wie im Ofen

Es ist heiß geworden die letzten Tage. Deutlich über 40 °C im Schatten – doch den gibt es hier nur selten und so zeigt mein Thermomether auch Temperaturen jenseits 50 °C an bevor das Display zu heiß wird und sich abschaltet.

Mir wird auch zu heiß doch ich kann mich nicht einfach abschalten. Die Sonne brennt auf der Haut und die Luft ist so heiß dass es fast schon weh tut. Wie in einem Ofen. Ich fahre mit langärmligen Hemd, doch Handrücken, Nase und Nacken verbrennen regelmäßig trotz Sonnencreme. Mein Kopf ist sowieso rot von der Hitze und der Anstrengung. Es ist eine trockene Hitze, Schweiss verdampft sofort. Ich muss darauf achten hydriert zu bleiben und trinke bis zu 10 Liter am Tag.australiapart4_small006

Jedesmal wenn ich an einen Wassertank oder Wasserhahn komme trinke ich soviel ich kann. Ich trinke mich so richtig satt bis mein Bauch voll und rund ist. Auch mache ich mein Hemd und meine Kleidung nass, so ist es wenigstens für ein paar Minuten angenehm kühl. Danach ist alles wieder trocken und die staubige und heiße Luft macht auch meinen Schleimhäuten zu schaffen. Mein Hals tut weh beim schlucken, der Mund ist so trocken dass ich regelmäßig trinken muss. Schlimmer aber noch ist die Nase: Die ausgetrockneten Schleimhäute bilden Krusten welche besonders am Morgen die Nase verstopfen und richtig schmerzen.

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Wasserflaschen aus Aluminium sind keine gute Idee. Das Wasser in ihnen wird so heiss dass ich es kaum trinken kann. Man könnte schon fast Tee darin kochen. Die Hitze macht mich richtig müde. Manchmal habe ich Probleme die Augen offen zu halten beim radeln. Dann ist es Zeit für eine Pause, wenn mögglich unter einem Baum oder Schattendach auf einem Rastplatz. Ich schlafe oder döse eine Stunde vor mich hin. Einmal kommt ein Auto auf den Rastplatz gefahren wo ich mittags neben meinem Rad auf dem Boden liege. Es sind deutsche: “Schau mal, glaubst du dem geht es gut in der Hitze? Vielleicht braucht der Hilfe!” “Ach der wird schon in Ordnung sein. Irgendwie ist er ja auch hierhin gekommen.” Ich hebe meinen Arm und rufe: “Alles OK!” doch eigentlich fühle ich mich nicht so gut. Mein Kopf dröhnt und ich fühle mich schwach, heute war es wohl etwas zu viel Sonne.

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australiapart4_small013Sobald ich abends die Straße verlasse um einen Platz für die Nacht zu finden, ziehe ich mich bis auf die Unterhose aus. Doch angenehm wird es erst nach Sonnenuntergang wenn die Temperatur unter 30 °C sinkt. Da der Boden meistens aus Sand oder Steinen besteht und diese die Wärme gut speichern, schwitze ich trotzdem nachts.

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Einöde

Hier ist die Landschaft so wie ich mir das innere Australiens vorgestellt habe. Karg und leer. Keine Bäume mehr, manchmal nicht mal Büsche. Nur Steine und ein paar kleinere Pflanzen. Die Straße geht immer geradeaus, rechts und links ist leere Landschaft. Verkehr herrscht hier nicht viel. Immerhin ein Auto pro Stunde.

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Meine Tage bestehen aus radeln, essen und schlafen; radeln, essen schlafen. Jeden abend koche ich einen großen Topf Reis, dazu Bohnen aus der Dose oder Gemüse falls ich welches habe. Meistens bin ich so müde dass ich danach direkt einschlafe, nur um nachts später aufzuwachen und noch mehr zu essen. Manchmal bleibe ich aber auch wach, schaue den tausend Sternen zu, spiele Harmonika oder mache ein Feuer wenn es nicht zu windig ist. Diese Abende sind die Belohung für die anstrengenden Tage. Ich bin müde aber zufrieden, denke nicht an den nächsten Tag sondern genieße den Augenblick. Ich bin der einzige Mensch im Umkreis von vielen Kilometern, doch einsam fühle ich mich nicht inmitten der Natur.

australiapart4_small020 australiapart4_small019 australiapart4_small021Südaustralien

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Die Grenze zwischen Northern Territory und South Australia ist ein weiterer wichtiger Punkt für mich. Ich kann die neue Karte auspacken und mein Vorwärtskommen ist greifbar. Nordaustralien ist durchquert. Die Grenze ist auch eine Obst- und Gemüsegrenze. Es ist verboten diese Lebensmittel von einem Bundesstaat in den anderen zu bringen um die Ausbreitung der Fruchtfliege zu vermeiden. Scho seit Tagen sehe ich Schilder die darauf hinweisen und und zur Entsorgung dieser Produkte aufrufen. Es drohen hohe Strafen für den Gemüseschmuggel und auf vielen Parkplätzen vor und hinter der Grenze finde ich in den Mülleimern tatsächlich weggeworfenes Essen. Einmal Äpfel, ein anderes Mal kiloweise Orangen und Bananen. Es ist eine willkommene Abwechslung in meinem Essensplan. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht in die Mülleimer zu schauen und habe schon Brot, Tütensuppen und Konserven gerettet. Einmal sogar eine ganze Schachtel Zigaretten. Unglaublich was Leute alles wegwerfen.

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Ein langer Zaun

Unglaublich was Menschen alles bauen. Kurz vor Coober Pedy überquere ich den längsten Zaun der Welt, den dingo fence. Der Zaun ist über 5000 km lang und soll Dingos davon abhalten in den Süden von Australien zu wandern und dort Schafe zu reißen.

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Coober Pedy – Leben unter der Erde

Coober Pedy ist eine mining town und das sieht man schon von weitem. Rechts und links neben der Straße sind große und kleine Haufen von ausgebuddeltem Material zu sehen, die tiefen Löcher und Schächte lassen sich nur erahnen. Opale werden hier gefördert, über 90 Prozent der Weltproduktion dieses bunt schimmernden Edelsteins kommen aus dieser Gegend. Es gibt einige größere Minen aber auch Menschen die den Abraum der Minen durchsuchen und kleinere Opale finden. Es scheint Glückssache zu sein, ich höre Geschichten vom schnellen Reichtum aber auch von Menschen die jahrelang im Dreck wühlen und nichts finden.

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Rund die Hälfte der Bewohner von Coober Pedy lebt unterirdisch was nur Sinn macht bei den hohen Temperaturen. Sie haben sich Wohnungen in den Fels gebohrt, nur ein Lüftungschacht und eine Tür stellen die Verbindung zur Außenwelt her. Es auch eine Untergrundbar, ein Untergrundmuseum und -kirchen. Ich komme allerdings oberirdisch unter, und zwar in einem Hotelzimmer. Hier wohnt Sam schon seit einem Jahr und er lässt mich auf seinem Sofa schlafen. Sam kommt aus Sri Lanka und um die australische Staatsbürgerschaft zu erhalten muss er erstmal zwei Jahre in einem ländlichen Gebiet arbeiten, dort wo nicht viele Menschen wohnen wollen. So ziemlich alle Hotelangestellten kommen aus Sri Lanka und sind aus dem selben Grund hier.

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Im Zimmer ist es dunkel und kühl, ich möchte es garnicht mehr verlassen. Mein Schlaf ist viel erholsamer bei kühlen Temperaturen und ich merke wie ausgepowert mein Körper von den letzten Wochen ist. Doch von hier sind es sind nur noch 540 km bis nach Port Augusta.

Gegen den Wind

Motiviert und mit neuer Kaft verlasse ich Coober Pedy. In fünf Tagen möchte ich in Port Augusta ankommen, Australien durchquert haben. Doch der Wind hat andere Pläne mit mir. Mit voller Kraft weht er mir ins Gesicht, ohne jede Unterbrechung. Wenn ich anhalte fängt mein Rad an rückwärts zu rollen. Manchmal kämpfe ich mich mit weniger als 10 km/h nach vorne. Abends bin ich erschöpfter und habe auch noch weniger Kilometer geschafft als an einem Tag ohne so starken Wind. Der Wind raubt mir nicht nur die Kraft sondern auch die Motivation. Ich versuche es einfach zu akzeptieren wie es ist, doch nicht immer gelingt das. Manchmal staut sich Ärger, ja sogar eine richtige Wut in mir auf und ich muss den Frust über die bewegte Luft rauslassen: Ich schreie so laut ich kann. Tief und laut kommt es aus mir raus und ich fühle mich etwas besser. Der Wind kann darüber nur lachen und scheint nur noch stärker an mir zu rütteln.

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Eigentlich ist es jeden Tag windig. An manchen Tagen habe ich stundenweise Rückenwind doch meistens kommt er von der Seite oder direkt von vorne. Jetzt verstehe ich warum die meisten Radler von Süden nach Norden fahren.

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Selbst nachts lässt der Wind nicht nach sondern nimmt nach Sonnenuntergang an Intensität zu. Es ist ein richtiger Sturm und es ist besser wenn das Zelt dann schon aufgebaut und gut abgespannt ist. Die ersten Nächte mit diesem starken Wind schlafe ich nicht gut. Ich bin innerlich beunruhigt, alarmiert, denn normalerweise bedeutet so ein starker Wind “Gefahr”. Doch hier ist es nur der Wind der Wüste der durch die leere Landschaft fegt und an allem rüttelt was sich ihm in den Weg stellt. Nach Sonnenaufgang schwächt er ab, doch hat immer noch genug Kraft um mich gehörig auszubremsen.

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Von Coober Pedy sind es 250 km bis zum nächsten Roadhouse. Eine Strecke die ich bei diesem Wind nicht an zwei Tagen schaffen kann. Nach der ersten Nacht ist mein Wasser alle und zurück auf der Straße wedel ich mit einem leeren Wasserkanister sobald ein Auto kommt. Das erste Auto fährt weiter und es dauert eine ganze Weile bis das nächste kommt. Hektisch ruder ich mit meinen Armen und dem Kanister in der Luft. Der Fahrer hält sofort an und hat auch genug Wasser dabei um mir ein paar Liter zu geben.

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Das ganze Gebiet hier gehört zu einer militärischen Sperrzone. Es ist das größte Waffentestgelände der Welt und in den 60 Jahren wurden hier von den Briten Atombomben getestet. Ganze Landstriche und Menschen wurden verstrahlt und auch bis heute nicht ausreichend entschädigt.

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Salzseen neben der Straße zeugen von einer älteren Geschichte. Sie sind Überbleibsel des Meeres welches Australien vor Millionen von Jahren bedeckte.

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Je näher ich der Küste komme desto stärker wird der Wind. Als ob er mich noch einmal testen möchte. Doch mein Wille ist stark. Ich bin so weit gekommen, heute kann man nichts aufhalten. Am Nachmittag erreiche ich Port Augusta welches am obersten Zipfel des Spencer Gulfs liegt.

Es ist ein großartiges Gefühl nach so vielen Wochen das Meer zu erreichen. Ich bin tatsächlich einmal quer durch Australien geradelt.