Argentina

Ein Anfang am Ende der Welt

Veröffentlicht

Januar 2018

Wo ist denn eigentlich das Ende der Welt? Und wo der Anfang? Besonders wenn man von einer runden Erde ausgeht (nein, ich bin kein flat-earther), gibt es überhaupt ein Ende?

Gemeint ist hiermit natürlich ein geographisches Ende, das Ende einer Landmasse und in diesem Fall das Ende des südamerikanischen Kontinents. Und genau da bin ich gerade, in der Provinz Tierra del Fuego, zu deutsch Feuerland, in Argentinien.Viel südlicher geht kaum, mal von der Antarkis abgesehen und da ist es mir zu kalt zu radeln. Ein Flugzeug hat mich und mein Rad hierher nach Ushuaia gebracht, der südlichsten Stadt der Erde und anscheinend das Ende der Welt wenn man dem Schild glauben schenkt.

Für mich ist es eher ein Anfang, der Anfang einer neuen Etappe mit dem Rad. In den letzten zwei Jahren hatte ich das Fahrrad meistens bei verschiedenen Leuten untergestellt und war anders unterwegs, doch jetzt geht es wieder los. Am Flughafen treffe ich direkt zwei andere Radler, welche den ganzen Weg aus Alaska hierher geradelt sind, na wenn das mal keine Motivation für mich ist. Zumindest in die Richtung fahre ich mal.

Das Wetter scheint mir gnädig am ersten Tag, es regnet nicht und ist auch nicht zu kalt, und während ich aus der Stadt hinausradel grübel ich über das “Warum eigentlich?” nach. Warum zieht es mich an diese abgelegenen Orte, bekannt für ihre Wetterextreme? Warum mit dem Fahrrad? Warum immer die anstrengende Option? Warum lasse ich immer wieder liebgewonnene Menschen und Orte zurück und ziehe weiter?

“Warum denn nicht?” antworte ich gerne auf Warum Fragen, doch so einfach möchte ich es mir nicht machen. Eine andere Antwort kommt dann ganz von selbst, während ich die schneebedeckten Berge vor mir sehe und die Stadt hinter mir lasse: Dieses Gefühl überkommt mich, es ist wie eine innere Gänsehaut, der Körper vibriert innerlich und mein Mund verzieht sich zu einem breiten Grinsen. Mir wird bewusst das gerade etwas ganz besonderes passiert, der erste Schritt von etwas ganz großem. Ein lang gehegter Traum der in Erfüllung geht. Und dass ich gerade genau das richtige mache, genau was ich machen will und das erfüllt mich nicht nur mit Zufriedenheit sondern auch mit Glück. Und das ist es worum es im Leben geht. Zumindest für mich ist das Leben eine Suche nach dem Glück, oder besser gesagt ein Weg zur Glücklichkeit. Und seit ich mit dem Rad unterwegs bin, habe ich nicht nur viele glückliche Momente, sondern finde das Leben viel lebenswerter und habe eine positivere Einstellung.

Viele,viele Stunden meines Lebens habe ich im Sattel verbracht, natürlich nicht nur glückliche, doch die Erinnerung an die guten Stunden überwiegt, und es fühlt sich so vertraut an, in die Pedale zu treten. Über 42000 km habe ich schon auf dem Rad zurückgelegt, um doch mal eine Zahl zu nennen, doch dieses Mal soll es ein wenig anders werden. Keine neuen Rekorde möchte ich aufstellen, ich möchte meinen Körper nicht überbeanspruchen und mir Zeit und Ruhe lassen. Ohne Tachometer werde ich unterwegs sein, die Geschwindigkeit spielt keine Rolle, und auch nicht die Tageskilometer.Und ich werde wieder auf diesem Blog berichten von meiner Reise, den Menschen die mir begegnen und den Orten die ich erlebe. Auch habe ich vor wieder einen Film zu machen. Doch erstmal heisst es jetzt für mich in die Pedale treten um wieder in den Schwung einer Radreise hineinzukommen.